Eilverfahren und einstweilige Verfügung beantragt.
Im Streit um die Unabhängigkeit des Obersten Gerichts in Polen hat die EU-Kommission den Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingeschaltet. Die EU-Kommission beantragte ein Eilverfahren der EU-Richter und vorläufige Maßnahmen, um ein Inkrafttreten der polnischen Reformen vor dem 3. April 2019 zu verhindern.
Ein von der polnischen rechtsnationalen Regierungspartei PiS eingeführtes Gesetz verstoße gegen EU-Recht, da es den Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit und insbesondere der Unabsetzbarkeit von Richtern untergrabe, erklärte die Kommission am Montag in Brüssel. Sollte der EuGH diese Auffassung teilen, müsste Polen das Gesetz ändern. Andernfalls könnten dem Land enorme Strafzahlungen drohen. Bereits jetzt kam die polnische Regierung der mehrfachen Aufforderung, das Gesetz freiwillig zu ändern, nicht nach.
Polen will Pensionsalter von herabsetzen
Die EU will so geplante Pensionierungen und Neubestellungen von Richtern verhindert. Das neue polnische Gesetz setzt das Pensionsalter für Höchstrichter von 70 auf 65 Jahre herab. Dadurch könnten 27 von 72 Höchstrichtern ausgetauscht werden, erklärte die EU-Kommission. Betroffen ist auch der Präsident des Obersten Gerichts, dessen sechsjähriges Mandat vorzeitig beendet würde. Anträge auf eine mögliche Verlängerung der normalen Amtszeit müssen nämlich vom Staatspräsidenten bewilligt werden.
Das Gesetz ist Teil der umstrittenen polnischen Justizreformen, die aus Sicht der EU-Kommission die Gewaltenteilung in Polen gefährden und die Unabhängigkeit von Gerichten einschränken. Wegen eines neuen Gesetzes zu den ordentlichen Gerichten hatte die Kommission bereits im März Klage gegen Polen eingereicht.
EU leitet Strafverfahren ein
Wegen der Sorge um die Rechtsstaatlichkeit in Polen hat die Kommission gegen das Land auch ein politisches Strafverfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags eingeleitet. Dieses könnte im letzten Schritt sogar mit einem Entzug des Stimmrechts im EU-Ministerrat enden. Dafür müssten allerdings erst einmal 22 der 28 EU-Staaten zustimmen, dass in Polen die "eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung" von EU-Werten besteht. Diese Mehrheit ist nicht sicher, da Großbritannien und etwa Ungarn dem Strafverfahren kritisch gegenüberstehen.
Der SPÖ-EU-Parlamentarier Josef Weidenholzer bezeichnete die Klage in einer Aussendung als "notwendig". Die Kommission komme damit ihrer Verantwortung nach und stelle sich so auf die Seite der polnischen Bevölkerung. Dass die Kommission bei Polen nun die "Notbremse" ziehe, ist für die NEOS-Europasprecherin Claudia Gamon ein "wichtiger und richtiger Schritt", denn die Regierung in Warschau versuche "unverschämt", die Unabhängigkeit der Justiz und damit die Rechtsstaatlichkeit anzugreifen.