Eine halbe Milliarde Euro soll laut einem Medienbericht zusätzlich zu Geldern aus Flüchtlingspakt fließen.
Berlin/Ankara/Brüssel. Die EU will einem Medienbericht zufolge die Gelder für Flüchtlinge in der Türkei aufstocken. Wie die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagsausgaben) berichteten, will die EU-Kommission weitere 485 Millionen Euro bereitstellen, um zwei zentrale Projekte für die Unterstützung von Flüchtlingen weiter zu finanzieren.
Die Gelder sollen demnach zusätzlich zu den sechs Milliarden Euro gezahlt werden, die die EU im Flüchtlingsabkommen mit der Türkei von 2016 zugesagt hatte. Ankara hatte sich damals verpflichtet, alle auf den griechischen Ägäis-Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen und stärker gegen Schlepperbanden vorzugehen. Die EU versprach der Türkei im Gegenzug die Milliardenhilfen. Ankara wirft den Europäern aber seit Monaten vor, die Gelder zu langsam auszuzahlen, und hat mehrfach damit gedroht, sich nicht mehr an das Abkommen zu halten.
Um den Konflikt zu entschärfen, will die EU-Kommission nun die zusätzlichen Mittel bereitstellen. Sie sollen dem Bericht zufolge direkt und kurzfristig über den laufenden EU-Haushalt 2020 mobilisiert werden. Das EU-Parlament und der Rat der Mitgliedstaaten müssen einer damit verbundenen Änderung im Haushaltsplan 2020 demnach aber noch zustimmen.
In einer Vorlage, die den Funke-Zeitungen vorliegt, warnt die EU-Kommission: "Aufgrund des COVID-19-Ausbruchs verschlechtert sich die wirtschaftliche Situation in der Türkei und ungeschützte Flüchtlinge gehören zu den am stärksten von der Krise Betroffenen." Deshalb müssten dringend die erforderlichen Mittel bereitgestellt werden, um die Fortsetzung der beiden wichtigsten humanitären Hilfsmaßnahmen der EU-Hilfen zu finanzieren.
400 Millionen Euro sollen demnach das sogenannte Sicherheitsnetz für Notsituationen (ESSN) weiter finanzieren, aus dem rund 1,7 Millionen Flüchtlinge in der Türkei monatliche Geldüberweisungen für die notwendigsten Güter erhalten. Dieses Programm würde demnach ohne eine Aufstockung spätestens im März 2021 auslaufen, eine neue Zusage werde noch in diesem Sommer benötigt.
Mit weiteren 85 Millionen Euro soll dem Bericht zufolge ein Programm gesichert werden, das Familien von Schulkindern unterstützt und dessen Gelder nur noch bis September oder Oktober reichen.
Außer den Hilfen für die Türkei will die EU-Kommission dem Bericht zufolge auch die Unterstützung für Jordanien und Libanon bei der Flüchtlingsaufnahme aufstocken. Beide Länder, die ebenfalls Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen, sollen demnach in diesem Jahr weitere 100 Millionen Euro erhalten, zusätzlich zu den schon für 2020 zugesagten und inzwischen verplanten 214 Millionen Euro.
Politisch brisanter ist aber die Türkei-Hilfe. Die türkische Regierung hatte im März tausende Flüchtlinge an die Grenze zu Griechenland reisen lassen und so Druck auf die EU gemacht. Mehrere EU-Staaten, darunter Deutschland und Frankreich, hatten der Türkei danach weitere EU-Gelder zur Versorgung von Flüchtlingen in Aussicht gestellt.