Der Stadtrat zieht Konsequenz aus gewaltsamem Tod von George Floyd.
Als Konsequenz aus dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd soll die Polizeiarbeit in der US-Großstadt Minneapolis völlig neu organisiert werden. Der Stadtrat beschloss am Sonntag, die örtliche Polizeibehörde komplett aufzulösen und eine neue Struktur für die Polizeiarbeit zu schaffen, wie Mitglieder des Rats mitteilten.
In dem Gremium habe Einigkeit darüber geherrscht, dass die Polizeibehörde "nicht reformierbar" sei, schrieb das Mitglied Alondra Cano im Kurzbotschaftendienst Twitter.
"Neues Modell der Sicherheit"
Die Stadtratsvorsitzende Lisa Bender sagte im Nachrichtensender CNN, in Minneapolis solle ein "neues Modell der öffentlichen Sicherheit" geschaffen werden, "das unsere Gemeinde tatsächlich sicher hält". Wie die bisherige Polizeibehörde ersetzt werden solle, werde der Stadtrat noch diskutieren.
In der Stadt im US-Staat Minnesota war Floyd vor knapp zwei Wochen bei einem brutalen Polizeieinsatz getötet worden. Ein weißer Polizist war fast neun Minuten lang auf dem Nacken des unbewaffneten Mannes gekniet, obwohl Floyd wiederholt klagte, er könne nicht mehr atmen.
Der Vorfall löste landesweite Proteste in den USA sowie zahlreiche Demonstrationen auch in anderen Ländern gegen Polizeigewalt und Rassismus aus, unter ihnen Österreich. Die Proteste in den USA gingen am Sonntag weiter. Sie fanden unter anderem in New York und Washington statt. Bei den Märschen durch die Metropolen war die Stimmung der Teilnehmer überwiegend fröhlich und hatte nichts mehr mit den Ausschreitungen voller Wut und Gewalt der vergangenen zwei Wochen gemein. Grund für den Stimmungswechsel ist, dass die Forderungen der Demonstranten nach Polizeireformen unter anderem in Minneapolis, aber auch in New York Gehör fanden.
In New York marschierten am Sonntagnachmittag mindestens ein halbes Dutzend lose organisierte Gruppen bei strahlendem Sonnenschein durch Manhattan. Sie trugen handgefertigte Schilder, auf denen zu lesen war "Finanziert die Schulen, nicht die Polizei" ("Defund the Police, Fund Schools"). New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio hatte zuvor die Aufhebung der Ausgangssperre für Sonntag angekündigt, einen Tag früher als geplant.
Reihe von Reformen
Es stünden nun eine Reihe von Reformen an, um das Vertrauen zwischen den Bewohnern der Stadt und der Polizei wieder aufzubauen, sagte de Blasio. Dafür sollen Teile des Polizeibudgets künftig in Jugend- und Sozialdienste fließen. Auch die Verfolgung von illegalen Straßenhändlern würde nicht mehr in den Händen der Polizei liegen, da die Vorschriften in der Vergangenheit oftmals zur Diskriminierung von Minderheiten missbraucht worden seien, so der Bürgermeister.
In Washington teilten afroamerikanische Parlamentarier der oppositionellen Demokraten mit, dass sie am Montag eine Gesetzesvorlage in das Repräsentantenhaus für eine stärkere Kontrolle der Polizeibehörden einbringen wollten.
Vorgesehen ist darin unter anderem, dass Beamte leichter für brutale Einsätze mit tödlichen Folgen juristisch verfolgt werden können. Auch sollen demnach Festhaltetechniken wie jene, die zu Floyd Tod führten, verboten werden. Ferner soll der Gesetzesinitiative zufolge eine Datenbank zum Fehlverhalten von Polizisten eingerichtet werden.
In Washington knieten am Sonntagnachmittag nach Berichten in den sozialen Medien Tausende Demonstranten auf der Straße vor dem Weißen Haus und skandierten "Ich kann nicht atmen." Am neu errichteten Zaun um den Regierungssitz des US-Präsidenten Donald Trump wurden von Demonstranten Schilder angebracht, auf denen unter anderem zu lesen stand: "Black Lives Matter" und "Keine Gerechtigkeit, kein Frieden" ("No Justice, No Peace").
Trump wollte am Montag im Weißen Haus mit Polizei und Sicherheitskräften sprechen, sein Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl Joe Biden hingegen George Floyds Familie treffen. Einen Tag vor der Beerdigung des Afroamerikaners in Houston im US-Staat Texas will Biden die Angehörigen zu einem Gespräch treffen, berichteten mehrere US-Medien übereinstimmend. Biden werde aber am Dienstag nicht selbst an der Beerdigung teilnehmen.