Türkei verlangt neuen Flüchtlingspakt

Flüchtlingskrise: Erdogan trifft Merkel und Macron

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will sich am kommenden Dienstag mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Istanbul treffen.

Ankara. "Wir werden einen Vierergipfel haben, wenn Boris Johnson (auch) kommen kann - wenn nicht, haben wir einen Dreiergipfel", sagte Erdogan laut einem am Dienstag vom präsidialen Presseamt veröffentlichten Transkript eines Gesprächs mit Journalisten auf dem Rückflug aus Brüssel am Vorabend.

In Brüssel hatte Erdogan sich am Montag mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratschef Charles Michel getroffen. Anlass war die Entscheidung des türkischen Präsidenten, Flüchtlinge und Migranten nicht mehr von der Einreise in die Europäische Union abzuhalten. Daraufhin kamen Tausende Menschen an die Grenze zu Griechenland. Zur konkreten Agenda des Treffens in Istanbul sagte Erdogan in dem Flugzeug-Interview mit türkischen Journalisten zunächst nichts.

"Grenztore bleiben bis auf Weiteres offen"

Die Türkei widersetzt sich EU-Forderungen nach einer Schließung der Grenze zu Griechenland für Flüchtlinge, die in die Europäische Union drängen. Präsident Erdogan sagte am Dienstag, die türkischen Grenztore blieben bis auf Weiteres offen. Griechenland müsse seine Pforten ebenfalls öffnen. An der Grenze harren Tausende Migranten aus, die in die EU wollen. Die Türkei hält sie ungeachtet eines mit Brüssel vereinbarten Flüchtlingspakts nicht mehr davon ab, weil sie sich nicht ausreichend von der EU unterstützt fühlt.

Erdogan sagte, die EU-Spitzen hätten eingeräumt, dass die Türkei ihre Verpflichtungen aus dem Flüchtlingspakt von 2016 erfüllt habe. Die Europäer seien dagegen zu langsam bei der Einlösung ihrer Versprechen gewesen. Außenminister Mevlut Cavusoglu sagte, der Pakt müsse wegen der gegenwärtigen Krise im benachbarten Norden Syriens überarbeitet werden.

Am Dienstag legte Außenminister Cavusoglu dar, welche Forderungen es sind: Angesichts der "neuen Umstände", etwa in Syrien, werde man mit der EU besprechen, was zusätzlich getan werden könne, sagte Cavusoglu in einem Interview mit der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu.

Cavusoglu betonte zudem, dass die Türkei bereit sei, neue Kapitel im EU-Beitrittsprozess zu eröffnen. Er kritisierte, dass EU-Gelder für die Unterstützung der Türkei für die Aufnahme von Flüchtlingen und den Stopp von Migranten gen Westen an Ankara noch nicht vollständig ausgezahlt worden seien. Erst seit die Migranten an die griechische Grenze gekommen seien, habe die EU die Probleme verstanden, sagte er.

3,6 Millionen Menschen aus Syrien in Türkei

Die Vereinbarung mit Brüssel sieht vor, dass die Türkei keine Migranten illegal weiter in die EU ziehen lässt. Im Gegenzug erhält sie von der EU finanzielle Unterstützung. Mittlerweile hat die Türkei aber etwa 3,6 Millionen Menschen aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufgenommen. Zu noch mehr sieht sie sich nicht in der Lage, befürchtet aber einen weiteren erheblichen Zuzug angesichts der eskalierten Gewalt im Norden Syriens. In der umkämpften Provinz Idlib in dem Bürgerkriegsland unterstützt die Türkei Rebellengruppen gegen die Armee von Präsident Bashar al-Assad und seinem Verbündeten Russland.

Am Tag nach dem Treffen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mit der EU-Führung in Brüssel ist es am griechisch-türkischen Grenzfluss Evros (türkisch: Meric) insgesamt ruhig geblieben. Nur vereinzelt versuchten Migranten, den Grenzzaun zu überwinden oder den Fluss zu durchqueren, wie der staatliche griechische Sender ERT am Dienstag unter Berufung auf die Polizei berichtete. Demnach hinderten griechische Sicherheitskräfte von Montag- bis Dienstagfrüh etwa 1.000 Menschen daran, über die Landesgrenze nach Griechenland und damit in die EU zu kommen. Seit Beginn der Krise vor gut einer Woche hat die griechische Polizei nach eigenen Angaben mehr als 40.000 Grenzübertritte verhindert.

Unterdessen kritisierten humanitäre Organisationen wie Human Rights Watch (HRW) Griechenlands Entschluss, ab dem 1. März einen Monat lang keine Asylanträge anzunehmen. HRW beklagt vor allem die Situation von rund 450 Migranten, die in einem Schiff im Hafen von Mytilini vor der Insel Lesbos festgehalten werden. Die Verweigerung eines Asylantrags und die Drohung, "sie zurück zu ihren Verfolgern zu schicken, stehen im krassen Gegensatz zu den gesetzlichen Verpflichtungen, denen Griechenland zugestimmt hat", hieß es.



 

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