Frankreich

Gauck und Hollande gedachten SS-Opfern

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Staatspräsidenten mit Überlebendem an Gedenkstätte Oradour-sur-Glane.

Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hat am Mittwoch zusammen mit seinem französischen Amtskollegen Francois Hollande im zentralfranzösischen Oradour-sur-Glane der Opfer eines von deutschen Waffen-SS-Angehörigen verübten Massakers gedacht. Die Präsidenten gedachten in der Ruine der 1944 niedergebrannten Kirche Hand in Hand der über 600 Opfer. Gauk dankte Frankreich für den Geist der Zusammenarbeit nach den deutschen Gräueltaten im Zweiten Weltkrieg: Er danke "im Namen aller Deutschen dafür, dass Sie uns mit diesem Willen zur Versöhnung gegenübertreten".

"Dieser Ort und seine Bewohner wurden in einem barbarischen, in einem zum Himmel schreienden Verbrechen vernichtet", sagte Gauck. So großherzig die Geste der Versöhnung auch sei, "so kann sie mich doch auch nicht von dem tiefen Entsetzen befreien angesichts der großen Schuld, die Deutsche an diesem Ort auf sich geladen haben". Gauck versprach: "Wir werden Oradour und die anderen europäischen Orte des Grauens und der Barbarei nicht vergessen."

Gauck besucht als erster deutscher Spitzenpolitiker den Ort, der in Frankreich als Inbegriff für die Grausamkeit der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg gilt. Der Besuch wird als besondere Geste der Versöhnung gewertet.

Der 88 Jahre alte Überlebende Robert Hebras hatte die Hand von Gauck auf der einen und seines Staatschef Hollande auf der anderen gehalten, als er mit ihnen durch die niedergebrannte Kirche ging, in der 1944 seine Mutter und seine Schwestern von SS-Soldaten umgebracht wurden. Noch heute, 69 Jahre später, künden die Ruinen in Oradour von der Tragödie. Die zerstörten Häuser, die Kirchenruine, die ausgebrannten Autowracks.

Oradour ist in Frankreich der Inbegriff der Grausamkeit der Nazi-Besatzung im Zweiten Weltkrieg. "Vor 50 oder 60 Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ein deutscher Präsident nach Oradour kommen kann", sagte Hebras vor wenigen Tagen. Er sei aber überzeugt: "Wir müssen uns mit dem deutschen Volk versöhnen." Jahrzehntelang hatten die Einwohner von Oradour jeden offiziellen Besuch eines Spitzenpolitikers aus Deutschland in ihrem Ort abgelehnt. Vor dem Besuch hatte Gauck angekündigt: "Ich werde nicht verbergen, wie es um mein Herz bestellt ist." Auf dem Friedhof, über den Gräbern der Getöteten, legte Gauck einen Arm um Hebras, den anderen um Hollande. Die drei Männer umarmen sich fest. Gauck war zu Tränen gerührt, er schluchzt.

Soldaten der Waffen-SS hatten am 10. Juni 1944 das kleine Dorf umzingelt und alle Einwohner auf dem Marktplatz zusammengetrieben. Die Männer wurden in Scheunen erschossen, Frauen und Kinder in der Dorfkirche erstickt, erschossen oder verbrannt. 642 Menschen kamen ums Leben, darunter 452 Frauen und Kinder. Nur fünf Männer und eine Frau entkamen den SS-Soldaten. Das gesamte Dorf brannten die Männer der 2. SS-Panzerdivision "Das Reich" danach nieder. Als Rechtfertigung für die Verbrechen hatten vorherige Angriffe französischer Widerstandskämpfer auf die Richtung Normandie marschierende SS-Division gedient.

Gauck hatte den Besuch am Dienstag als den "emotionalen Höhepunkt" seines dreitägigen Staatsbesuchs bezeichnet. Er habe Hollandes Einladung zu dem gemeinsamen Besuch "mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Demut" angenommen. Auf französischer Seite wird der Besuch in einer Linie gesehen mit der Versöhnungsgeste von Verdun, zu der sich 1984 der damalige Präsident Francois Mitterrand und Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl trafen.

Am Donnerstag reist Gauck zum Abschluss seines Staatsbesuchs ins südfranzösische Marseille, dieses Jahr europäische Kulturhauptstadt.

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