Bürgerkrieg in Libyen

General Haftar kündigt UN-Abkommen auf

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Vor 100 Tagen hatte eine Initiative von Deutschlands Kanzlerin leichte Hoffnungen auf eine politische Lösung des Libyen-Konflikts genährt - Seitdem ist der Krieg aber nur weiter eskaliert.

Tripolis/Tobruk. Mit der Aufkündigung eines vor Jahren verhandelten Abkommens für das Bürgerkriegsland Libyen durch Milizenführer Khalifa Haftar sind die Chancen auf eine politische Lösung des Konflikts weiter gesunken. Der libysche General hatte am späten Montagabend in einer Fernsehansprache ein 2015 von der UNO vermitteltes Abkommen über die Machtverteilung in dem nordafrikanischen Land für hinfällig erklärt.

Die Vereinbarung habe das Land zerstört und sei "eine Sache der Vergangenheit", sagte Haftar. Die international anerkannte Regierung in der Hauptstadt Tripolis bezeichnete die Aufkündigung als "Farce" und "Staatsstreich". Der Putsch gegen das Abkommen und die politischen Institutionen in Libyen sei nicht überraschend, sondern solle nur die Niederlage von Haftars Milizen und Söldnern verdecken, hieß es in einer Mitteilung des Präsidentschaftsrats der Regierung.

Die Regierungstruppen und mit ihr verbündete Milizen liefern sich seit mehr als einem Jahr heftige Kämpfe mit den Einheiten Haftars rund um die Hauptstadt Tripolis. Keine der beiden Seiten konnte bisher langfristige Erfolge verbuchen.

Nach Sturz von Gaddafi ins Chaos gestürzt

Das nordafrikanische Land war nach dem Sturz von Diktator Muammar al-Gaddafi 2011 ins Chaos gestürzt. Unzählige Milizen kämpfen seitdem um Macht und Einfluss in dem ölreichen Land. 2014 eskalierte der Konflikt zunehmend. Die Vereinten Nationen vermittelten daraufhin zwischen den Konfliktparteien und versuchten 2015 mit dem im marokkanischen Skhirat verhandelten sogenannten "Libyschen Politischen Abkommen" (LPA) die Machtverhältnisse zu ordnen, politische Institutionen zu etablieren und eine politische Lösung des gewaltsamen Konflikts herbeizuführen.

Während die Regierung unter dem damals eingesetzten Fayez al-Sarraj aus der im Westen gelegenen Hauptstadt Tripolis regiert, hat das Parlament seinen Sitz in der ost-libyschen Stadt Tobruk. Das Parlament erkennt die von den UN unterstütze Regierung allerdings nicht an und versteht sich selbst als legitime Volksvertretung. Viele staatliche Institutionen sind inzwischen gespalten. Der frühere libysche General Haftar steht auf der Seite des Parlaments im Osten und versucht seit längerem, mit seinen Truppen die Hauptstadt einzunehmen.

"Wir haben vor Ort eine Patt-Situation", sagte die amtierende UN-Sonderbeauftragte für Libyen, Stephanie Williams, der Deutschen Presse-Agentur. Immer wenn eine Seite Fortschritte erziele, komme ein ausländischer Unterstützer. "Der Konflikt wird sich weiter vertiefen." Ein geltendes Waffenembargo wird nach UN-Angaben regelmäßig verletzt. So unterstützt die Türkei etwa die Regierung von Ministerpräsident Sarraj, während Haftar unter anderem aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten und Russland unterstützt wird.

Kreml mahnte die Konfliktparteien 

Der Kreml mahnte die Konfliktparteien am Dienstag weiter zu einem Dialog. "Moskau ist nach wie vor davon überzeugt, dass eine Lösung nur auf dem Weg einer politischen und diplomatischen Verständigung aller Parteien erreicht werden kann", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. "Wir glauben, dass es keine Alternativen dazu gibt, das Problem zu lösen."

Auch die USA bedauerten den Schritt Haftars, das Abkommen aufzukündigen. In einer Erklärung der US-Botschaft in Libyen rief Washington Haftars Streitkräfte auf, mit der Regierung in Tripolis eine sofortige Einstellung aller Feindseligkeiten und eine dauerhafte Waffenruhe zu vereinbaren.

Auch für den Libyen-Experten der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Wolfram Lacher, kam der Schritt des Generals überraschend. "Haftars Ankündigung, dass seine Organisation formell die Macht übernimmt, ergibt keinen Sinn, besonders weil seine Einheiten in der Defensive sind", schrieb Lacher auf Twitter.
 
Deutschland hatte ebenfalls versucht, in dem Konflikt zu vermitteln. Mitte Jänner lud Bundeskanzlerin Angela Merkel die beteiligten Länder zu einer Konferenz nach Berlin ein. Am Ende stand eine Erklärung, mit der sich die Staaten verpflichteten, das UN-Embargo einzuhalten. Seitdem ist der Kampf um Tripolis aber nur noch heftiger entbrannt.

Deutschland besorgt über Haftars Kündigung des Libyen-Abkommens

Deutschland hat besorgt auf die Aufkündigung eines Abkommens über die Machtverteilung in Libyen durch General Khalifa Haftar reagiert. Der Konflikt in Libyen könne "nicht militärisch gelöst werden, auch nicht durch einseitige Erklärungen, sondern nur durch einen politischen Prozess unter Beteiligung aller Regionen und Bevölkerungsgruppen", hieß es am Dienstag aus dem Auswärtigen Amt in Berlin.
 
Der libysche General Haftar hatte am späten Montagabend in einer Fernsehansprache das 2015 von den Vereinten Nationen vermittelte Abkommen für hinfällig erklärt. Die Vereinbarung habe das Land zerstört und sei "eine Sache der Vergangenheit". Die international anerkannte Regierung in der Hauptstadt Tripolis bezeichnete die Aufkündigung als "Farce" und "Staatsstreich".
 
Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, das Abkommen gelte aus Sicht der internationalen Gemeinschaft fort, bis eine endgültige politische Verhandlungslösung gefunden sei. Die Bundesregierung hatte am Dienstag vor genau 100 Tagen einen großen Libyen-Gipfel in Berlin organisiert, bei dem sich 16 Staaten und internationale Organisationen dazu bekannten, die Einmischung von außen in den Libyen-Konflikt zu beenden. Die Waffenlieferungen gingen aber weiter - auch durch Teilnehmer der Berliner Konferenz.
 
Libyen war nach dem Sturz von Diktator Muammar al-Gaddafi 2011 ins Chaos gestürzt. Unzählige Milizen kämpfen seitdem um Macht und Einfluss in dem ölreichen Land. 2014 eskalierte der Konflikt zunehmend. Die Vereinten Nationen vermittelten daraufhin zwischen den Konfliktparteien und versuchten 2015 mit dem im marokkanischen Skhirat verhandelten sogenannten "Libyschen Politischen Abkommen" (LPA) die Machtverhältnisse zu ordnen, politische Institutionen zu etablieren und eine politische Lösung des gewaltsamen Konflikts herbeizuführen.
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