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Marsch für Gerechtigkeit

Hunderttausende demonstrieren gegen Erdogan

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Der Protestmarsch erreicht die Metropole Istanbul

Mehrere hunderttausend Menschen haben sich am Sonntag in Istanbul zu einer Großkundgebung des türkischen Oppositionsführers Kemal Kilicdargolu versammelt. Die Veranstaltung im Stadtteil Maltepe am Marmara-Meer bildet den Abschluss eines mehr als dreiwöchigen "Marsches für Gerechtigkeit" (Adalet yürüyüsü) des Oppositionsführers.

Mehr 420 Kilometer war der 68-jährige Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei CHP zu Fuß von Ankara nach Istanbul marschiert. Zuletzt folgten ihm täglich zehntausende Menschen auf seinem Marsch. Begonnen hatte Kilicdaroglu den Protestzug am 15. Juni, nachdem ein Istanbuler Gericht den CHP-Abgeordneten Enis Berberoglu wegen eines Artikels über geheime Waffenlieferung an islamistische Rebellen in Syrien zu 25 Jahren Haft verurteilt hatte.

Die Kundgebung am Sonntag fand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt. Während Kilicdaroglu zu Beginn nur begleitet von einigen hundert Polizisten über die Landstraße marschiert war, wurde die Marschstrecke angesichts der Vielzahl an Teilnehmern zuletzt weiträumig für den Verkehr gesperrt. Ministerpräsident Binali Yildirim versicherte am Freitag, es werde alles Nötige getan, um die Sicherheit der Abschlusskundgebung zu garantieren. Er forderte jedoch die CHP auf, nach der Kundgebung ihren Protest zu beenden.

Terror-Vorwurf
Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Kilicdaroglu zuvor wiederholt vorgeworfen, mit dem Marsch "Terroristen" zu unterstützen. Da der Marsch aber friedlich blieb, schritt die Regierung nicht ein. In den türkischen Medien fand der Protestzug zuletzt große Aufmerksamkeit. Während regierungstreue Zeitungen teils vom "Marsch der Verräter" schrieben, lobten andere Kolumnisten, dass es Kilicdaroglu erstmals gelungen sei, mit dem Marsch ein Thema zu setzen.

Kilicdaroglu war immer wieder vorgeworfen worden, Erdogan nicht entschieden genug entgegenzutreten. Auch in der eigenen Partei war kritisiert worden, dass er nach dem umstrittenen Verfassungsreferendum vom 16. April seine Anhänger nicht zu Protesten auf die Straße rief. Die Regierung hatte den Volksentscheid über die Stärkung der Macht des Präsidenten offiziell knapp gewonnen, doch hatte die Opposition ihr Wahlfälschung vorgeworfen.
 

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