Concordia-Unglück

Kapitän wollte sich über Unfall absprechen

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Schettino wollte Behörden eine andere Version des Unglücks auftischen.

Gegen den Kapitän der am 13. Jänner vor der toskanischen Küste verunglückten "Costa Concordia" sind am Donnerstag neue Vorwürfe bekannt geworden. Francesco Schettino wollte sich demnach mit dem Krisenmanager der Reederei über eine geschönte Version der Ereignisse absprechen. Während die Suche nach weiteren Opfern fortgesetzt wurde, sind rund um den Unglückort vor der kleinen Insel Giglio die ersten Verunreinigungen im Meer gemessen worden.

"Schettino wollte den Staatsanwälten erzählen, dass das Schiff nach einem Stromausfall an Bord gegen die Felsen geprallt sei", berichtete der Geschäftsführer der Reederei, Pierluigi Foschi. Die Vorwürfe des Unternehmens basieren auf Aussagen von "Costa Crociere"-Krisenmanager Roberto Ferrarini, der nach der Havarie mit dem Kapitän telefonisch in Verbindung stand.

Weitere schwere Vorwürfe

"Der Kapitän hat mir nicht berichtet, wie bedrohlich die Lage an Bord war", sagte Ferrarini den ermittelnden Staatsanwälten. Die Reederei macht den Kapitän allein für die Katastrophe verantwortlich. Der unter Hausarrest stehende Schettino wurde vergangene Woche von seinem Arbeitgeber suspendiert.

"Hätte man sofort die Evakuierung in die Wege geleitet, wäre die Zahl der Todesopfer nicht so hoch gewesen", sagte der Kommandant der Hafenbehörde der toskanischen Ortschaft Porto Santo Stefano, Marco Brusco, der an der Rettungsaktion beteiligt war. Schettino habe viel Zeit verloren. "Wenn die Evakuierung sofort begonnen hätte, hätten die Passagiere früher in Sicherheit gebracht werden können", sagte Brusco vor dem Senat in Rom.

Der Staatsanwalt der toskanischen Stadt Grosseto, Francesco Verusio, betonte, dass die Ermittlungen um die Hintergründe der Havarie "lang und komplex" sein werden. "Wir müssen viele Menschen befragen. Wir müssen in Ruhe arbeiten", sagte Verusio im Gespräch mit Journalisten.

Inzwischen haben die mit dem Abpumpen des Treibstoffes an Bord der "Costa Concordia" beauftragten Fachleute mit dem Anbohren der Öltanks  im Schiff begonnen. Mit dem Abpumpen werden die Experten am kommenden Samstag starten, sagte Zivilschutzchef Franco Gabrielli. Die Wetterlage sei günstig, um mit der Aktion zu beginnen.

Suche nach Opfern geht weiter
Einsatzkräfte haben auch am Donnerstag im Wrack nach weiteren Opfern gesucht. Bisher wurden 16 Todesopfer gemeldet, 22 Menschen werden nach wie vor vermisst, teilte der Zivilschutz mit. Zum Zeitpunkt des Unglücks waren mehr als 4.000 Menschen an Bord, darunter 77 Österreicher.

Im Meeresschutzgebiet vor der italienischen Küste erste Verschmutzungen gemessen worden. Die Situation sei zwar noch "tragbar", aber für eine vom Tourismus und der Fischerei abhängige Region "heikel", sagte ein Sprecher des WWF. Auch den Tauchern bereitet verfaulter Müll Schwierigkeiten bei der Suche nach den Vermissten. Das Meerwasser um die Insel Giglio ist mit zwei bis drei Milligramm Tensiden pro Liter verschmutzt, während die Konzentration in der Region für gewöhnlich gegen null tendiert, wie die Umweltbehörden der Toskana mitteilten. Damit herrscht in dem Meeresparadies ein Grad an Verschmutzung wie im Industriehafen in Marghera bei Venedig, wie die AFP berichtete.
 

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