Der UN-Klimagipfel in Glasgow hat zum verzögerten Ende einen "historischen" Kompromiss gebracht, der für viele Delegierte und die Mehrheit der NGOs vor allem eine Enttäuschung war, für die COP-Präsident Alok Sharma Verständnis äußerte.
Zuvor kündigte er zum Endspurt der COP26 einen "Moment der Wahrheit" an. Dieser manifestierte sich im kleinsten gemeinsamen Nenner. Mit dem angenommenen Schlusstext erhält der Pariser Klimavertrag aber zumindest ein abgeschlossenes Regelwerk.
Die UN-Klimakonferenz hat die Staaten der Welt zudem erstmals dazu aufgefordert, den Ausstieg aus der Kohle einzuleiten. Die am Samstag gebilligte Erklärung von rund 200 Staaten fordert zudem, "ineffiziente" Subventionen für Öl, Gas und Kohle zu streichen. "Freunde, die Welt beobachtet uns", hatte Sharma zuvor gewarnt. Er habe von Anfang an gesagt: Entweder werde man gemeinsam zum Erfolg kommen, "oder gemeinsam scheitern". Gestärkt wurde das 1,5 Grad-Ziel, das trotzdem immer weiter entfernt scheint.
Sharma meinte, es tue ihm "zutiefst leid", wie das Treffen mit den in letzter Minute vorgenommenen Änderungen an der Formulierung über Kohle zu Ende gegangen sei, die wegen der Einsprüche von Indien vorgenommen wurde. Mit gebrochener Stimme reagierte er auf die Verärgerung anderer Staaten: "Ich möchte mich bei allen Delegierten entschuldigen, wie dieser Prozess verlaufen ist, und es tut mir sehr leid." Der Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans warnte vor der finalen Sitzung vor einem Scheitern: "Um Himmels willen: Zerstört diesen Moment nicht", wandte sich der niederländische EU-Kommissar für Klimaschutz an die Delegierten.
Die bisher gemachten nationalen Zusagen zur Emissionssenkung würden den durchschnittlichen globalen Temperaturanstieg jedoch nur auf 2,4 Grad Celsius begrenzen. COP-Präsident Sharma äußerte die Hoffnung, dass die endgültige Abschlussvereinbarung den Weg für tiefere Einschnitte in der nahen Zukunft ebnen könnte.
"Die Beschlüsse hier sind zahnlos, schöne Worte reichen nicht, um die Klimakrise zu lösen. Wir sind nach der Klimakonferenz in Glasgow noch immer auf direktem Weg in die Klimakatastrophe", stellte die NGO Global 2000 zum Ergebnis fest. Kritisch sieht die NGO die Rolle der EU: "Die Einrichtung von Kohlenstoffmärkten öffnet der Aufweichung der Klimapläne Tür und Tor". Die EU hat habe einem faulen Kompromiss zugestimmt, statt eine wichtige rote Linie zu ziehen", so Klimasprecher Johannes Wahlmüller.
Greenpeace reagierte unter anderem mit Kritik an der Einigung bei Artikel 6: Mit dem globalen Emissionshandel wurde für die Staaten eine Hintertür geöffnet, um sich ein grünes Mäntelchen umzuhängen und sich aus der Verantwortung zu stehlen, lautete der Kommentar. "Echter Klimaschutz wird dadurch verwässert. Auch Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), die für die EU die Verhandlungen in dieser Sache führte, konnte ihr Versprechen, Schlupflöcher beim Handelssystem zu schließen, nicht gänzlich halten", hielt die Sprecherin der NGO, Jasmin Duregger fest. Einige schwache Lichtblicke sah man trotzdem.
WWF sah indes "viel Schatten und wenig Licht" und kritisierte den "ambitionslosen Verhandlungstext", samt einem 1,5-Grad-Ziel in weiter Ferne. Gefordert wird stattdessen Klimagerechtigkeit und ein rasches Ende des fossilen Zeitalters. "Der Verhandlungstext beinhaltet zwar einige Überraschungen, wie zum Beispiel die erstmalige Erwähnung der Bedeutung des Schutzes und der Wiederherstellung der Natur - von vielen weiteren großen Ankündigungen ist am Ende aber nicht viel übriggeblieben", kritisierte Klimaexpertin Lisa Plattner, die den WWF Österreich in Glasgow vertreten hat.
Oxfam stellte in einer Aussendung fest, dass die kleinen Schritte, welche die COP26 nach vorne gemacht habe, uns nicht zu der Illusion verleiten dürfen, mit einem echten Erfolg nach Hause zu fahren. "Es ist schon bitter, dass wieder einmal die von der Klimakrise besonders betroffenen, ärmeren Länder des Globalen Südens an den Rand gedrängt wurden", lautete das Resümee von Oxfam. Auch Care-Experte Sven Harmeling meinte vor Ort: "Die Industrieländer übernehmen immer noch keine Verantwortung für angerichtete Klimaschäden."