23 Jahre Haft

Mörder von Hrant Dink verurteilt

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Istanbul: Türkischer Journalist auf offener Straße erschossen: Täter schuldig.

Der Mörder des türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink ist in der Türkei zu einer langen Haftstrafe verurteilt worden. Ein Jugendgericht in Istanbul verurteilte am Montag den zur Tatzeit minderjährigen Ogün Samast zu einer Gesamtstrafe von 22 Jahren und zehn Monaten. Nach Medienberichten muss er davon nur knapp elf Jahre absitzen. Die Familie von Hrant Dink begrüßte das Urteil.

Der Rechtsnationalist Samast hatte Dink am 19. Jänner 2007 in Istanbul vor dem Redaktionsgebäude der von Dink herausgegebenen armenischen Wochenzeitung "Agos" erschossen. Wenige Tage später wurde er festgenommen. Dink war bei türkischen Nationalisten verhasst, weil er die türkischen Massaker an den Armeniern im Ersten Weltkrieg als Völkermord angeprangert hatte. Die Tat sorgte auch deshalb weltweit für Entrüstung, weil Samast nach seiner Festnahme von türkischen Polizisten wie ein Held gefeiert wurde.

Zunächst stand Samast mit mutmaßlichen Komplizen vor Gericht, die ihn zu der Tat angestiftet haben sollen. Dass Verfahren gegen den heute 21-Jährigen wurde dann jedoch  von dem übrigen Verfahren abgetrennt und vor einem Jugendgericht weiter verhandelt. Der Prozess gegen seine mutmaßlichen Helfer, unter denen auch ein ehemaliger Polizeispitzel ist, läuft noch.

Samast sagte am Montag in seinem Schlusswort, sein Bild von Dink als Staatsfeind sei auch durch die großen Medien der Türkei geprägt worden. Große Zeitungen hätten den 52-jährigen Journalisten als Verräter bezeichnet. Ein türkisches Gericht hatte Dink ein halbes Jahr vor dem Mord wegen "Beleidigung des Türkentums" verurteilt.

Nach einem Bericht des Nachrichtensenders CNN-Türk muss Samast nach dem türkischen Jugendstrafrecht nur zwei Drittel der Gesamtstrafe absitzen. Zudem werde die rund vierjährige Untersuchungshaft auf die Haftzeit angerechnet, so dass Samast insgesamt noch zehn Jahre und acht Monate hinter Gittern bleiben werde. Samasts Verteidiger Levent Yildirim sagte, er erwarte eine Aufhebung des Urteils durch das Oberste Berufungsgericht in Istanbul, das sich nun mit dem Fall befassen wird.

Die Anwälte der Dink-Familie werfen den Behörden vor, die wahren Hintermänner der Tat zu decken und Beweismittel verheimlicht zu haben. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg stellte im vergangenen Jahr fest, der türkische Staat sei mitverantwortlich für den Mord, weil er Dink trotz vorliegender Erkenntnisse über Pläne von Rechtsradikalen zur Ermordung des Journalisten nicht geschützt habe. Kürzlich waren einige Mitglieder der Sicherheitskräfte in Samasts nordtürkischer Heimatstadt Trabzon wegen Fahrlässigkeit zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt worden.

Ungeachtet ihrer Kritik am Verhalten der Behörden begrüßte die Familie von Dink die Entscheidung vom Montag als wichtiges Signal der Abschreckung. Die Anwältin Fethiye Cetin als Rechtsvertreterin der Familie sagte, das Gericht sei mit seinem Urteil nur knapp unter der möglichen Maximalstrafe geblieben. Zudem gehe das juristische Verfahren gegen Samast wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer illegalen Vereinigung zur Ermordung Dinks weiter.
 

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