Fraktion will Zugeständnisse

Orban will EVP "reformieren"

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Fraktion hat "ihren Charakter und ihren eigenen Willen verloren".

Vor der Abstimmung des Europaparlaments über ein mögliches EU-Strafverfahren gegen sein Land hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) kritisiert. Die EVP, der die CDU, die CSU und Orbans rechts-nationale Regierungspartei Fidesz angehören, habe "ihren Charakter und ihren eigenen Willen verloren", erklärte der Politiker am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Straßburg.
 
"Sie ist ständig vorsichtig, laviert herum und tanzt praktisch nach der Pfeife der Liberalen und Sozialisten", sagte er. "Ich möchte die EVP reformieren, damit sie wieder zu dem Mut zurückfindet, wie ihn Helmut Kohl verkörpert hat."
 

Artikel-7-Verfahren droht

Orban trat unmittelbar nach einer Debatte im Europaparlament, an der auch er teilgenommen hatte, vor die Journalisten. Dabei war es um den Antrag auf Einleitung eines Rechtsstaatsverfahrens gegen Ungarn nach Artikel 7 der Europäischen Verträge gegangen. Der dem Antrag zugrundeliegende Bericht der Grünen-Abgeordneten Judith Sargentini stellt systematische Einschränkungen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Ungarn fest, wo seit 2010 Orban regiert.
 
Am Mittwoch will das Europaparlament über die Einleitung des Artikel-7-Verfahrens abstimmen. Dafür ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Im äußersten Fall kann das Verfahren zum Entzug von Stimmrechten im EU-Ministerrat führen. Entscheidend wird am Mittwoch das Stimmverhalten der EVP sein, die die stärkste Fraktion stellt.
 
Die EVP hat sich bisher nicht festgelegt und wollte am Dienstagabend noch einmal mit Orban sprechen. EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) hatte klargemacht, dass er sich von seinem ungarischen Parteifreund Zugeständnisse erwartet, etwa in Form der Rücknahme einiger repressiver Gesetze gegen Universitäten und Zivilorganisationen. In seiner Rede am Dienstagnachmittag hatte Orban aber keinerlei Bereitschaft dazu erkennen lassen.
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