Schallenberg wies Kritik bei Besuch in Ramallah zurück
Der palästinensische Außenminister Riad Malki hat Österreich bei einem Besuch von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) in Ramallah "Doppelmoral" im Nahost-Konflikt vorgeworfen. Angesprochen auf einen israelischen Militäreinsatz am Dienstag im Westjordanland, bei dem ein 20-jähriger Palästinenser getötet wurde, sagte Malki: "Derartige Vorfälle passieren fast unbeachtet. Für uns ist sehr schmerzhaft, dass palästinensisches Leben nicht soviel zählt international."
Er erwarte sich Stellungnahmen von Staaten der Welt, der EU und auch von Österreichs Außenminister. "Wir verfolgen die Stellungnahmen, die ausgegeben wurden, als derartige Vorfälle auf der israelischen Seite passiert sind und wir erwarten uns dasselbe, wenn es auf palästinensischer Seite passiert", so der palästinensische Außenminister bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Schallenberg in Ramallah.
Schallenberg weist Kritik zurück
Schallenberg wies die Kritik zurück: "Jedes Leben hat denselben Wert und unser Positionen sind sehr klar." Was er aber nicht mache, sei eine Liste von Tweets aller Politiker der Europäischen Union zu jedem Vorfall, denn damit verbessere sich die Situation in der Region nicht, kritisierte der Außenminister.
"Österreich ist und bleibt ein verlässlicher Partner für die Palästinenser", versicherte Schallenberg zuvor bei der Pressekonferenz. Trotz des Krieges in der Ukraine seien sich Europa und Österreich der Verantwortung gegenüber dem Nahen Osten bewusst und würden die Region weiter unterstützen, versprach der Außenminister wie bereits am Vortag bei einem Besuch im benachbarten Jordanien.
In Bezug auf die aktuell erhöhten Spannungen zeigte sich Schallenberg "dankbar", dass sowohl der israelische Außenminister Yair Lapid als auch die palästinensische Seite sowie Jordanien als Hüter der Heiligen Stätten des Islam in Jerusalem bemüht seien, die Lage zu deeskalieren. "Unsere Position ist gänzlich unverändert, die Regeln für die Heiligen Stätten müssen aufrecht erhalten bleiben." Zugleich forderte Schallenberg ein Ende des "inakzeptablen" Raketenbeschusses aus dem Gazastreifen auf Israel.
Zweistaatenlösung alternativlos
Zur Zweistaatenlösung gebe es keine Alternative, damit Palästinenser und Israelis in Frieden nebeneinander leben könnten. Eine Anerkennung Palästinas durch Österreich könne nur am Ende des Prozesses stehen, so Schallenberg.
Malki lobte "die offene und ehrliche Diskussion unter Freunden" mit Schallenberg. In den aktuellen Spannungen sah er Israel in der Pflicht, den ersten Schritt zu tun, indem es den Status quo der heiligen Stätten respektiere um die Lage zu deeskalieren.
Im Anschluss an das Treffen mit Malki stattete Schallenberg auch Regierungschef Mohammad Shtayyeh einen Besuch ab. Anschließend war auch ein Treffen mit christlichen Kirchenvertretern in Jerusalem und ein Vier-Augengespräch mit dem israelischen Außenminister Lapid geplant.
Schallenberg hatte Ende März Israel besucht, in die Palästinensergebiete reist er zum ersten Mal in seiner Funktion als Außenminister. Der letzte österreichische Außenminister, der Ramallah besucht hat, war Sebastian Kurz (ÖVP) im Mai 2016. Bundespräsident Van der Bellen hatte im Februar 2019 das Westjordanland besucht.
Die Israel-freundliche Haltung der österreichischen Regierung hatte in den vergangenen Jahren wiederholt für Kritik der Palästinenser und der arabischen Staaten gesorgt. Für diplomatischen Protest sorgte vor allem das Hissen der israelischen Fahne an Außenministerium und Bundeskanzleramt, als vor knapp einem Jahr die Gewalt im Nahost-Konflikt eskalierte. Auslöser des elftägigen bewaffneten Konflikts damals zwischen der Hamas im Gazastreifen und der israelischen Armee, in dessen Verlauf mehr als 250 Menschen - die meisten davon im Gazastreifen - getötet wurden, waren Unruhen in Jerusalem.