Präsident muss entscheiden

Slowenien steuert auf rasche Neuwahlen zu

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Die Verfassung schreibt ein kompliziertes Verfahren für Neuwahlen vor.

Slowenien steuert nach dem Sturz der Minderheitsregierung offenbar auf rasche Neuwahlen zu. Nach Konsultationen zwischen Staatspräsident Danilo Türk und Vertretern der Parlamentsparteien am Montag sah es danach aus, als werde es keinen Versuch zur Bildung einer Übergangsregierung geben, was den Weg für schnelle Neuwahlen frei machen würde. Der Präsident will Medienberichten zufolge mit der Entscheidung über vorgezogene Neuwahlen bis Dienstag Mitternacht, also bis zum Ablauf der siebentägigen Frist für die Nominierung eines neuen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs, abwarten.

Kompliziertes Verfahren verzögert Neuwahlen
Die Parlamentsparteien, die sich bei getrennten Treffen mit Türk für baldige Neuwahlen aussprachen, erwarten, dass er diese ohne Verzögerung ausschreibt. Der Präsident steht dabei vor dem rechtlichen Dilemma, ob das Verfahren abgekürzt werden darf. Laut Verfassung muss das Parlament nämlich innerhalb von 30 Tagen nach dem Sturz der Regierung einen neuen Premier wählen, ansonsten löst der Präsident das Parlament auf und schreibt vorgezogene Neuwahlen aus.

Bisher noch nie Neuwahlen in Slowenien
Für den Fall, dass bis Dienstag kein neuer Regierungschef vorgeschlagen wird, erhebt sich die Frage, wann das Parlament aufgelöst werden kann: bereits am Tag danach oder nach Ablauf der 30-tägigen Frist. In der 20-jährigen Geschichte des slowenischen Staates ist es noch nie zur frühzeitigen Auflösung des Parlaments und dann vorgezogenen Neuwahlen gekommen, daher geben auch Rechtsexperten dazu keine einhellige Einschätzung ab.

Sozialdemokraten für schnellen Urnengang
Die regierenden Sozialdemokraten (SD) sehen Neuwahlen als den besten Ausweg aus der derzeitigen politischen Situation und suchen auch keinen Übergangspremier. SD-Fraktionschef Dusan Kumer hofft, dass es keine unnötige Verzögerung geben werde, da "die Autobahn zur Wahl weit geöffnet" sei, wie er nach dem Treffen mit Türk sagte. Der SD-Chef und scheidende Premier Borut Pahor, der mit Türk bereits am vergangenen Freitag zusammentraf, bestätigte am Montag, dass er sich bei der Neuwahl wieder für das Premiersamt bewerben werde. Er zweifle jedoch, dass er erfolgreich sein könnte, sagte er im öffentlich-rechtlichen Radio. Dennoch erwartet Pahor ein besseres Wahlresultat, als seiner Partei die Meinungsumfragen vorhersagen.

Auch Opposition für baldige Neuwahlen
Die Opposition unterstützt ebenfalls rasche Neuwahlen. Der Chef der Pensionistenpartei (DeSUS), Karl Erjavec, entnahm dem Gespräch mit Türk, dass auch der Präsident kein Interesse an einer Verlängerung der "politischen Agonie" habe. Sowohl DeSUS als auch die linksliberale "Zares" würden einen etwaigen derartigen Vorschlag prüfen, wollen aber keinen eigenen Premierskandidaten vorschlagen. "Zares" sei auf beide Szenarios, insbesondere für Neuwahlen bereit, so ihr Chef Gregor Golobic. Die Volkspartei (SLS) und die Nationalisten (SNS) sowie die mitregierenden Liberaldemokraten (LDS) sollten später am Nachmittag noch mit Türk zusammentreffen. Die LDS wollte dem Präsidenten einen Vorschlag zur gemeinsamen Festlegung des Wahltermins unterbreiten. Die größte Oppositionspartei, die Demokratische Partei (SDS) von Ex-Premier Janez Jansa, verweigerte erneut Beratungen mit Türk.

Wahltermin frühestens im November oder Dezember
Die Wahlen müssen 45 bis 60 Tage nach der Parlamentsauflösung stattfinden. Abhängig davon, wann der Staatspräsident diesen Schritt vornimmt, könnten sie frühestens Ende November oder aber im Dezember erfolgen. Als ein möglicher Wahltermin wird der 4. Dezember genannt.

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