"Brechen uns Finger"

Putin schickt Nawalnys Anhänger direkt an die Front

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Weil sie Blumen niederlegten, müssen diese Russen nun in den Krieg ziehen.

Am vergangenen Freitag starb Kreml-Kritiker Alexej Nawalny im sibirischen Straflager „Polarwolf“. Während die Umstände seines Tods weiterhin unklar sind, geht der Kreml immer brutaler gegen Nawalnys Anhänger vor.

In den vergangenen Tagen wurden bereits hunderte Menschen wegen öffentlicher Trauerbekundungen zu Haftstrafen verurteilt. In vielen russischen Städten legen Menschen aber weiterhin zum Gedenken an Nawalny Blumen an Denkmälern für Opfer politischer Repression nieder und zünden Kerzen an.

Gedenken an Nawalny in Moskau
© Getty Images
× Gedenken an Nawalny in Moskau

Der Kreml nimmt die Nawalny-Anhänger nun nicht nur kurz fest, sondern schickt sie auch gleich an die Kriegsfront in die Ukraine. Wie die kremlkritische Nachrichtenseite „RusNews“ berichtet, bekamen gleich 95 Personen in St. Petersburg bei ihrer Entlassung aus dem Haftzentrum Vorladungen zum Militärdienst ausgehändigt.

„Sie wurden gezwungen, die Vorladungen sofort zu unterschreiben“, wird die Ehefrau eines betroffenen Mannes zitiert. „Sie sagten, dass sie uns die Finger brechen, wenn wir nicht unterschreiben. Sie wiederholten immer wieder: Werdet ihr für uns kämpfen?“

Mutter darf weiter nicht die Leiche sehen

Mit einer Klage will die Mutter des in Haft gestorbenen russischen Kremlkritikers Alexej Nawalny die Herausgabe des Leichnams erreichen - doch das zuständige Gericht in der sibirischen Stadt Salechard will sich damit erst in rund eineinhalb Wochen beschäftigen. Die Verhandlung zu dem Antrag von Ljudmila Nawalnaja sei für den 4. März angesetzt worden und solle hinter verschlossenen Türen stattfinden, meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass am Mittwoch.

Nawalny
© APA/AFP/Moscow's Babushkinsky district c/HANDOUT / HANDOUT

Die Behörden hatten den Angehörigen Nawalnys laut seinem Team zuvor erklärt, die Leiche werde wegen "chemischer Untersuchungen" noch zwei Wochen unter Verschluss bleiben.

Nawalny war nach Behördenangaben am vergangenen Freitag bei einem Hofgang im Straflager nördlich des Polarkreises zusammengebrochen. Wiederbelebungsversuche der Strafvollzugsbeamten seien vergebens gewesen, heißt es. Nawalny war zum Zeitpunkt des Todes erst 47 Jahre alt, aber durch einen Giftanschlag im Jahr 2020 und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächt.

Die Behörden verweigern den Angehörigen trotz auch internationaler Proteste den Zugang zu Nawalnys Leiche. Sein Team, das dem russischen Machtapparat Mord vorwirft, sieht darin einen Vertuschungsversuch. In Russland haben bereits mehr als 70.000 Menschen einen Aufruf zur Herausgabe des Leichnams an die Angehörigen unterzeichnet. Nawalnys Mutter Ljudmila hatte am Dienstag in einem Video Russlands Präsidenten Wladimir Putin persönlich darum gebeten, ihren Sohn schnellstmöglich zu sehen und beerdigen zu können. Bisher gab es darauf noch keine Reaktion aus dem Kreml.
 
 

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