Um 170.000 Soldaten

Putin will russische Armee erneut vergrößern

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Das russische Verteidigungsministerium trat unterdessen umgehend Befürchtungen aus der Bevölkerung entgegen, dass eine neue Mobilisierungswelle geplant sein könnte.

Moskau/Kiew (Kyjiw). Mehr als eineinhalb Jahre nach Beginn seines Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Russlands Präsident Wladimir Putin eine erneute Vergrößerung seiner Armee angeordnet. Die Zahl der bewaffneten Kräfte soll auf rund 1,32 Millionen erhöht werden, wie aus einem am Freitag vom Kreml veröffentlichten Dekret hervorgeht. Das wäre eine Steigerung um 170.000 Vertragssoldaten und Wehrdienstleistende. Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte indes eine Einberufungsreform an.

Putin hatte erst im Sommer 2022 eine Vergrößerung der russischen Streitkräfte auf 1,15 Millionen Mann befohlen. Das russische Verteidigungsministerium trat unterdessen umgehend Befürchtungen aus der Bevölkerung entgegen, dass eine neue Mobilisierungswelle geplant sein könnte. "Eine Mobilisierung ist nicht vorgesehen", teilte die Behörde mit. Stattdessen werde auf russische Bürger gesetzt, die sich freiwillig bei der Armee verpflichten.

Viele Experten bescheinigen Russland hohe Verluste

Russland führt seit dem 24. Februar 2022 Krieg gegen das Nachbarland Ukraine. Moskau selbst hat schon lange keine Angaben mehr zu Toten und Verletzten in den eigenen Reihen gemacht. Viele Experten bescheinigen Russland jedoch hohe Verluste. Im Herbst 2022 ordnete Putin dann eine Mobilmachung an, infolge derer rund 300.000 Männer für die Front eingezogen wurden. Die Maßnahme löste in Teilen der russischen Gesellschaft regelrechte Panik aus, Hunderttausende flohen damals ins Ausland. Seitdem befürchten viele, dass es eine zweite Mobilisierungswelle geben könnte.

Selenskyj stellte dem Militär am Freitagabend eine Reform der Einberufungsgesetze in Aussicht. "Jeder in der Ukraine versteht, dass in diesem Bereich Veränderungen erforderlich sind", sagte Selenskyj in seiner Ansprache auf Telegram. Diese würden demnach die Bedingungen für eine mögliche Demobilisierung der Frontkämpfer betreffen. Auch neue potenzielle Rekruten sollen im Fokus neuer kommender Gesetze stehen.

Zugeständnis an die Soldaten

Die Ankündigung der Reform gilt als Zugeständnis an die Soldaten, die seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs vor rund 21 Monaten größtenteils ohne Ablösung an der Front im Einsatz stehen. Die Lösung dieses umfassenden Problems muss nach Selenskyjs Worten von der militärischen Führung und dem Verteidigungsministerium ausgearbeitet und dem Generalstab zur Genehmigung präsentiert werden. Der ukrainische Präsident sprach von einigen Vorschlägen, die am Freitag bereits vorlagen. Genauere Angaben zum Inhalt machte er jedoch nicht.

Derzeit dienen rund 820.000 Ukrainer in den Streitkräften. Nach dem derzeit geltenden Kriegsrecht können diese Soldaten nicht ohne weiteres demobilisiert werden. Um zumindest einen Teil der Wehrpflichtigen zeitweise nach Hause schicken zu können, müssen andere Soldaten rekrutiert werden, damit die Front nicht zusammenbricht. Angehörige der Soldaten forderten in mehreren Demonstrationen eine stärkere Rotation, um den derzeit aktiven Kämpfern die Möglichkeit zur Erholung zu geben. In den vergangenen Wochen wurde in Kiew unter anderem über die mögliche Änderung der Altersgrenze von 28 Jahren bei Einberufungen spekuliert.

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