Wilders Wahlsieger

Rechts-Rutsch in den Niederlanden

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Der Rechtspopulist Geert Wilders ist nach einer Prognose der Gewinner der niederländischen Parlamentswahl - und will jetzt Ministerpräsident werden.

"Der Wähler hat nun gesprochen", sagte Wilders am Mittwochabend im Fernsehen. "Ich glaube, dass wir jetzt alle über unseren Schatten springen müssen." Auf keinen Fall dürfe der Wählerwille übergangen werden. "Die Niederlande haben gesprochen und das muss - was mich betrifft - auch umgesetzt werden."

Mit einem vorläufigen Ergebnis wird Donnerstagfrüh gerechnet. Wilders war darum bemüht, Ängste vor einem zu radikalen Vorgehen seiner Partei für die Freiheit (PVV) zu zerstreuen. Die von ihm angestrebte Zwangsschließung von Moscheen sei aktuell kein Thema, versicherte er. Priorität habe jetzt, den "Asyl-Tsunami" zu begrenzen.

Wilders' PVV kommt auf 35 der 150 Sitze

Wilders' PVV kommt nach einer Prognose des niederländischen Fernsehens auf 35 der 150 Sitze im Parlament. Die Zustimmung zur PVV war in den vergangenen Wochen in den Umfragen immer weiter gestiegen. Als Mitverantwortliche dafür wird vielfach die Spitzenkandidatin der Rechtsliberalen, Dilan Yesilgöz, gesehen. Sie hatte zu Beginn des Wahlkampfes gesagt, dass sie Wilders als Koalitionspartner nicht von vornherein ausschließe. Der scheidende Ministerpräsident Mark Rutte, ebenfalls ein Rechtsliberaler, hatte eine Zusammenarbeit mit Wilders dagegen immer abgelehnt. Im niederländischen Fernsehen wurde deshalb am Mittwochabend sofort die Frage aufgeworfen, ob Yesilgöz Wilders mit ihrer Annäherung salonfähig gemacht habe.

Die Partei von Yesilgöz und Rutte, die rechtsliberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD), kommt der Prognose zufolge auf 24 Sitze, ein Minus von zehn Mandaten. Das von Ex-EU-Kommissar Frans Timmermans angeführte Bündnis aus Grünen und Sozialdemokraten schafft demnach 25 Sitze, ein Plus von acht. Die erst vor wenigen Wochen gegründete Partei des ehemaligen Christdemokraten Pieter Omtzigt, der Neue Soziale Vertrag (NSC), kann nach der Prognose mit 20 Sitzen rechnen.

Omtzigt hatte Zusammenarbeit mit Wilders ausgeschlossen

Ob Wilders tatsächlich die nächste Regierung bilden kann, ist völlig offen. Omtzigt hatte eine Zusammenarbeit mit ihm im Wahlkampf ausgeschlossen, da dieser verfassungsfeindliche Positionen vertrete. Yesilgöz schloss eine Zusammenarbeit ausdrücklich nicht aus, sagte aber, sie wolle nicht unter Wilders als Ministerpräsident in eine Regierung eintreten.

Die vorgezogene Parlamentswahl war notwendig geworden, nachdem im Sommer Ruttes Mitte-Rechts-Koalition nach nur 18 Monaten im Amt geplatzt war. Anlass dafür war ein Streit über Migrationspolitik. Rutte, der am längsten amtierende Ministerpräsident der niederländischen Geschichte, hatte daraufhin seinen Abschied aus der nationalen Politik angekündigt, er will jetzt NATO-Generalsekretär werden. Bis zum Antreten einer neuen Regierung bleibt er allerdings noch im Amt.

Rechtspopulisnus fester Bestandteil der politischen Landschaft

In den Niederlanden hat sich der Rechtspopulismus schon vor mehr als 20 Jahren als fester Bestandteil der politischen Landschaft etabliert. Der erste erfolgreiche Rechtspopulist Pim Fortuyn war 2002 wenige Tage vor der Parlamentswahl von einem militanten Tierschutzaktivisten ermordet worden. Sein Erbe trat Wilders an, der noch viel radikalere Forderungen als die nach einem Verbot des Korans erhob. Der Politologe und Wilders-Biograf Meindert Fennema (1946-2023) warnte 2017 in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur: "Er ist jemand, der auf demokratischem Weg den Rechtsstaat abschaffen will."

Umfragen haben mehrfach ergeben, dass Wilders-Wähler ihre Zukunft tendenziell pessimistisch einschätzen und Angst vor Veränderungen haben. Sie wohnen häufig in stagnierenden Industriegebieten oder auf dem Land, wo die Jungen wegziehen.

Zu Wilders Parolen gehört deshalb nicht nur "Der Islam gehört nicht zu den Niederlanden", sondern auch "Mehr Personal in der Pflege" und "Niedrigere Mieten und Steuern". Diese Mischung aus rechten Parolen und klassisch linken Forderungen betrachten Politologen als sein Erfolgsrezept. Eine weitere Besonderheit: Wilders' Partei hat nur ein einziges Mitglied - ihn selbst. So will er verhindern, dass ihn andere überstimmen und selbst das Zepter übernehmen könnten.

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