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Saudi-Autorin rechnet mit Islam ab

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Nadine Al-Budair, eine saudische Journalistin, dreht die Terrordebatte provokativ um.

Sie ist liberal, kritisch, hinterfragt den Islam und entwarf zuletzt in einem Artikel ein Szenario, in dem Christen in den Nahen Osten kommen, um Moslems zu töten. So fragte sie nach den Brüssel-Attentaten die Leser der kuwaitischen Zeitung Al-Rai: „Wie würde sich die muslimische Welt fühlen, wenn Christen sich in arabischen Ländern in die Luft sprengen würden?“

Und: „Stellt euch vor, ein Jugendlicher aus dem Westen kommt hierher und übt im Namen des Kreuzes einen Selbstmordanschlag auf einem unserer öffentlichen Plätze aus.“ Ziel des Anschlags sei: „Christliche Lehren oder Regeln wiederaufleben zu lassen und wie in den Zeiten Jesu und seiner Jünger zu leben.“ Der Artikel löste eine Lawine aus, ist weltweit ein Hit im Internet.

Sie fordert: »Es ist an der Zeit, uns zu entschuldigen«
Al-Budair stammt aus Saudi-Arabien, lebt aber in Dubai, weil sie in ihrer Heimat niemals so offen publizieren könnte. Mit ihren Kommentaren versucht sie, ihren Lesern zu erklären, „wie sich die Menschen im Westen fühlen müssen, wenn radikale Muslime im Namen Gottes gegen die westliche Kultur und Lebensweise bomben“ (siehe Interview).

Solche Bilder lägen noch immer außerhalb jeder Vorstellungskraft in der arabischen Welt. Sie schreibt: „Trotz der Terrorakte von Al-Kaida und ISIS leben wir (Muslime) seit Jahren ohne Furcht und Sorge auf westlichem Boden.“ Gleichzeitig warnt sie: „Wie lange wird das noch so bleiben?“

Deshalb fordert sie von ihrer Gesellschaft, endlich „die Auswirkungen unserer extremistischen Lehren zu thematisieren“. Denn: „Es ist seltsam, dass wir verurteilen, statt uns bei der Welt zu entschuldigen.“ Karl Wendl

Interview mit Al-Budair

ÖSTERREICH: Sie kommen aus Saudi-Arabien und provozieren Muslime. Sehr mutig …

Nadine Al-Budair: Mag sein, aber ich fühle mich nicht als Heldin. Ich schreibe einfach darüber, was mich beschäftigt und aufregt. In meiner Heimat Saudi-Arabien könnte ich das nicht so offen tun, da wurde ich gestoppt. Deshalb publiziere ich jetzt in Kuwait, in Ägypten. In den Emiraten hab’ ich eine eigene TV-Show. So fragte ich in meiner letzten Sendung: Selbstmordattentäter bekommen 72 Jungfrauen. Was erhalten Attentäterinnen? Männer?

ÖSTERREICH: Könnten Sie diese Frage auch in Ihrem Heimatland stellen?

Al-Budair: Nein, sicher nicht. Meine Chefredakteure lassen mir aber freie Hand. Es gibt keine Zensur, diese Freiheit brauche ich. Schon als kleines Mädchen in Saudi- Arabien konnte ich nicht verstehen, warum Frauen bei uns keine Rechte haben.

ÖSTERREICH: Ihr Kommentar löste Empörung in der muslimischen Welt aus …

Al-Budair: Wir brauchen eine offene, politische Diskussion. Weit heftiger waren allerdings die Reaktionen, als ich die Polygamie in der arabischen Welt anprangerte: „Warum darf ich nicht vier Ehemänner haben?“, habe ich damals gefragt. Das war ein Erdrutsch... K. Wendl

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