Logar in Stichwahl geschlagen

Slowenien bekommt seine erste Präsidentin

Teilen

Konservativer Oppositionspolitiker Logar in Stichwahl geschlagen

Ljubljana. Slowenien bekommt mit der liberalen Rechtsanwältin Nataša Pirc Musar (54) erstmals eine Frau als Staatsoberhaupt. Pirc Musar kam bei der Wahl am Sonntag auf 53,9 Prozent der Stimmen, teilte die staatliche Wahlkommission nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen mit. Ihr Stichwahl-Kontrahent, der konservative Ex-Außenminister und Oppositionspolitiker Anže Logar (46), erreichte demnach 46,1 Prozent. Bundespräsident Alexander Van der Bellen gratulierte bereits am Wahlabend.

Pirc Musar hatte bereits nach der Auszählung von rund vier Fünftel der Stimmen in ihrem Wahlkampfhauptquartier eine Torte angeschnitten. Sie kündigte an, eine verbindende Politik führen zu wollen. "Ich werde mein Bestes tun, um wahrhaft die Präsidentin aller zu sein. Ich werde hart für die Menschenrechte und Demokratie arbeiten und mich sehr bemühen, dass wir uns in der Politik über strategischen Themen einig werden", sagte sie in ihrer Siegesrede am Wahlabend. "Slowenien bekommt eine Präsidentin, die in die EU und in die Werte, auf denen die EU aufgebaut ist, glaubt", fügte sie hinzu und sicherte dem Westbalkan ihre Unterstützung auf dem europäischen Weg zu. Als erste Amtshandlung werde sie alle Parteichefs des Landes zu einem Treffen einladen. Pirc Musar wird am 23. Dezember die Nachfolge von Präsident Borut Pahor antreten, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren durfte.

Logar gratulierte seiner Kontrahentin

Logar hatte sich kurz vor Pirc Musars Siegesrede geschlagen gegeben. In einer versöhnlichen Rede gratulierte er seiner Kontrahentin, die er mehrmals mit ihrem Vornamen ansprach. "Ich glaube, dass sie ihr Wort halten wird und die Präsidentin von uns allen sein wird", sagte Logar. Inhaltlich gebe es zwar Unterschiede, "aber ich glaube, dass sie meine zentrale Botschaft gehört hat, und zwar jene der Zusammenarbeit. Sie wird eine gute Präsidentin sein, wenn sie uns allen zuhören wird", sagte der Parteifreund des im April abgewählten umstrittenen Ex-Premiers Janez Janša. "Wenn eine Tür zugeht, geht eine andere auf. Heute ist der Beginn von etwas Großem", fügte Logar mit Blick auf seine eigene politische Zukunft hinzu.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen zählte zu den ersten Gratulanten der neuen slowenischen Präsidentin. "Ich freue mich auf den weiteren Ausbau der ausgezeichneten freundschaftlichen Beziehungen und engen nachbarschaftlichen Verbindungen unserer beiden Länder, so wie mit ihrem Vorgänger Borut Pahor, dem ich für seine Freundschaft und Zusammenarbeit danke", schrieb Van der Bellen am Sonntagabend auf Twitter.

Pahor lud seine Nachfolgerin für Dienstag zu einem ersten Treffen in den Präsidentenpalast ein, wie er auf Twitter mitteilte. Er habe Pirc Musar in einem Telefongespräch zum Wahlerfolg gratuliert "und ihr eine erfolgreiche Arbeit gewünscht". Auch Logar habe er gratuliert, "besonders für seine verbindende Ansprache nach der Wahl".

Golob mit Seitenhieb auf seinen umstrittenen Vorgänger

Ministerpräsident Robert Golob stellte der neuen Präsidentin in einer Pressemitteilung eine "gute Zusammenarbeit" in Aussicht. Die Wahl Pirc Musars sei "ein Beweis dafür, dass die Bürger und Bürgerinnen Sloweniens in einem Staat leben wollen, in dem die grundlegenden demokratischen Rechte respektiert werden: Menschenrechte, Rechtsstaat, unabhängige Medien, Freiheit und respektvoller Dialog", so Golob mit einem Seitenhieb auf seinen umstrittenen Vorgänger und jetzigen Oppositionsführer Janša.

Die erste Wahlrunde am 23. Oktober hatte Logar mit knapp 34 Prozent der Stimmen gewonnen, Pirc Musar erhielt als Zweitplatzierte rund 27 Prozent. Dies wurde auch als Ohrfeige für Regierungschef Golob gewertet, dessen Freiheitsbewegung bei der Parlamentswahl im April einen Erdrutschsieg erzielt hatte und fast die Hälfte der Mandate im Parlament stellt. Golobs Kandidat, Ex-Parlamentspräsident Milan Brglez, war abgeschlagen auf dem dritten Platz gelandet. Der Premier wechselte aber schon am Wahlabend auf die Seite Pirc Musars. Ihr Erfolg erspart dem Regierungschef eine Kohabitation mit einem Oppositionspolitiker.

Logar war mit hohen Beliebtheitswerten in die Wahl gegangen, doch erwies sich die langjährige Zusammenarbeit mit Janša als großes Handicap. Obwohl sich der Oppositionsführer im Wahlkampf betont zurückhielt, musste sich Logar ständig zur umstrittenen Politik Janšas erklären. Viele Slowenen nahmen dem Ex-Außenminister die Distanzierung vom Chef der konservativen Demokratischen Partei (SDS) nicht ab. Pirc Musar hatte sich hingegen als scharfe Kritikerin der Janša-Regierung profiliert, der unter anderem in der Coronakrise zahlreiche Übergriffe auf Demokratie und Rechtsstaat vorgeworfen worden waren.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.