Asyl beantragt

Snowden will jetzt nach Venezuela

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Staatschef Maduro bot dem Whistleblower erneut eine Aufnahme an.

Der von den USA als Verräter gejagte Informant Edward Snowden hat in Venezuela offiziell Asyl beantragt. Das bestätigte der venezolanische Staatschef Nicolas Maduro. Der Geheimdienst-Spezialist müsse nun entscheiden, wann er nach Venezuela fliegen wolle, sagte der Präsident.

Der US-Bürger Snowden sitzt nach russischen Angaben seit mehr als zwei Wochen im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo fest. Der 30-Jährige besitzt kein russisches Visum, zudem haben die USA seinen Reisepass annulliert.

Maduro: "Kommen Sie her"
Maduro verwies darauf, dass seine Regierung Snowden bereits vor Eingang des Antrags aus humanitären Gründen Asyl angeboten habe: "Wir haben diesem jungen Mann gesagt: 'Sie werden vom Imperialismus verfolgt, kommen Sie her.'" Auf die Frage, ob Snowden sich auch telefonisch bei ihm gemeldet habe, sagte Maduro: "Nein, bis jetzt nicht, das würde mir gefallen."

Venezuelas Präsident hatte in den vergangenen Tagen mehrfach betont, dass Snowden aus humanitären Gründen mit einer positiven Entscheidung auf einen Asylantrag rechnen könne. Dennoch muss über den Antrag in Venezuela noch offiziell entschieden werden. Washington hatte vor einem solchen Schritt gewarnt und Caracas im Falle einer Einreise Snowdens aufgefordert, ihn an die USA auszuliefern. Auch Nicaragua und Bolivien gelten als mögliche Asylländer.

Es gibt keinen Direktflug von Moskau nach Caracas. Deswegen wird immer wieder spekuliert, Snowden könne mit Ersatzdokumenten von Russland aus über Kuba nach Venezuela reisen.

USA bestehen auf Auslieferung
Die russische Führung hatte wiederholt betont, sich dem Druck der USA nicht zu beugen. Der Politologe Alexej Makarkin betonte, Russland sollte Snowden weiter nicht an die USA ausliefern. "Falls US-Präsident Barack Obama seinen für September geplanten Besuch in Moskau tatsächlich wegen Snowden absagen sollte, wäre dies keine Katastrophe", sagte Makarkin der Zeitung "Moskowski Komsomolez" (Dienstag). "Russland hat sich mit einem Asylangebot um einen Kompromiss bemüht, aber für Snowden war das zu wenig und für die USA zu viel - das zeigt, dass eine Lösung sehr schwierig wird."

In Washington teilte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Bernadette Meehan, der Nachrichtenagentur dpa mit, Obama plane, im September nach Russland zu reisen. Regierungssprecher Jay Carney sagte, die USA wollten Snowden weiterhin fassen. Washington sei mit allen Ländern in Kontakt, in die er flüchten könnte oder die er auf einer Flucht überfliegen könnte. Carney forderte Moskau erneut auf, Snowden auszuliefern. Russland lehnt dies unter anderem mit Verweis auf die in den USA mögliche Todesstrafe ab.

Spähprogramm
Der IT-Spezialist wird von den USA per Haftbefehl gesucht, weil er Dokumente über geheime Überwachungsprogramme des US-Geheimdienstes NSA an Medien weitergegeben hatte. Außerdem enthüllte er ein umfangreiches britisches Spähprogramm. Snowden bat insgesamt mehr als 20 Länder um Asyl, darunter Österreich. Die meisten Staaten lehnten den Antrag ab.

In Nicaragua stieß das Asylangebot von Staatschef Daniel Ortega auf den Widerstand der Wirtschaft. Venezuela und Bolivien könnten sich "diesen Luxus erlauben", weil ihre Wirtschaft nicht so stark von den USA abhänge, sagte der Chef des Obersten Rats der Privatunternehmen (COSEP), Jose Aguerri, einem Nachrichtenportal. Die Bedeutung der USA für die nicaraguanische Wirtschaft und soziale Entwicklung sei "enorm, wir reden hier von Exporten, ausländischen Investitionen, Hilfslieferungen".

Die Botschaft Nicaragua in Moskau bestätigte am Montag ebenfalls den Eingang eines Asylantrags von Snowden. Es sei aber noch kein Kontakt zu ihm aufgenommen worden, hieß es.

Neues Video
Die britische Zeitung "Guardian" veröffentlichte am Montag ein weiteres Fragment ihrer Video-Interviews mit Snowden. Der rund sieben Minuten lange Clip enthält nach den Enthüllungen der vergangenen Wochen keine neuen Informationen, Snowden beschreibt aber ausführlicher seine Motivation.

"Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich sage, alles was ich mache, der Name jedes Gesprächspartners, jeder Ausdruck von Kreativität, Liebe oder Freundschaft aufgezeichnet wird", sagt der inzwischen 30-jährige Ex-Geheimdienstler in dem Video. Jeder, der mit einer solchen Welt nicht einverstanden sei, habe die Pflicht, etwas zu tun. Als er vor rund zehn Jahren zum US-Militär stieß und beim Geheimdienst landete, habe er noch an "unsere noblen Absichten" geglaubt, sagte Snowden. "Ich habe gewartet und beobachtet, und versucht, meinen Job zu tun." Mit der Zeit sei ihm aber immer klarer geworden, dass niemand etwas unternehme, um die Auswüchse der Kontrolle durch die Regierung zu stoppen. Das Interview wurde bereits am 6. Juni in Hongkong aufgezeichnet.

Bolivien verlangt Auskunft
Bolivien verlangt von Frankreich, Spanien, Italien und Portugal unterdessen Auskunft darüber, warum sie in der vergangenen Woche Snowden an Bord der Maschine von Präsident Evo Morales vermuteten. Dazu seien die Botschafter der vier EU-Länder ins Außenministerium in La Paz zitiert worden, sagte Kommunikationsministerin Amanda Davila. Nach Angaben der bolivianischen Regierung musste Morales am Mittwoch auf seinem Heimflug von Moskau in Wien zwischenlanden, weil die vier Länder Überfluggenehmigungen verweigerten. Hintergrund soll ein Gerücht gewesen sein, wonach sich Snowden in Morales' Maschine befand.

Der spanische Außenminister Jose Manuel Garcia-Margallo erklärte am Dienstag in Madrid, dass er kein Problem damit habe, Bolivien um Entschuldigung zu bitten , sollte es in der vergangenen Woche bei der Behandlung von Morales in Wien seitens Spaniens ein Missverständnis gegeben haben.

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