Nahost

Tausende demonstrieren für Israel in Berlin

Teilen

Tausende Menschen haben am Sonntag in Berlin auf einer Großkundgebung gegen Antisemitismus und für Solidarität mit Israel demonstriert.

Mit eindringlichen Worten schilderten Angehörige von Geiseln der Hamas ihren Schmerz und forderten die Befreiung der Verschleppten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief zum Schutz des jüdischen Lebens in ganz Deutschland auf. In London brachten rund 100.000 Demonstranten friedlich ihre Solidarität mit den Palästinensern zum Ausdruck.

Nach einem Demonstrationszug durch die Londoner Innenstadt versammelte sich die Menge vor dem Amtssitz von Premierminister Rishi Sunak in der Downing Street. Teilnehmer forderten in Sprechchören und auf Transparenten "Freiheit für Palästina" und übten scharfe Kritik an Israel. Die Polizei hatte zuvor erklärt, dass Gewalt sowie Beifallsbekundungen für die in Großbritannien verbotene Hamas nicht toleriert würden.

Pro-palästinensische Demo im Brüsseler Europaviertel

An einer pro-palästinensischen Demonstration im Brüsseler Europaviertel beteiligten sich am Sonntag nach Polizeiangaben rund 12.000 Menschen. Bei der Protestaktion forderten die Teilnehmer die EU unter anderem dazu auf, sich für einen Waffenstillstand und ein Ende der israelischen Abriegelung des Gazastreifens einzusetzen. Auf Plakaten waren Aufschriften wie "Stoppt den Völkermord", "Beendet die Angriffe" oder "Befreit Palästina" zu lesen.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zuvor bei der Einweihung einer neu erbauten Synagoge im anhaltischen Dessau-Roßlau betont: "Jüdisches Leben ist und bleibt ein Teil Deutschlands. Es gehört hierher." Deutschland werde alles tun, um jüdisches Leben zu schützen und zu stärken. Es empöre ihn zutiefst, wie "antisemitischer Hass und menschenverachtende Hetze" sich seit den Terrorattacken der Hamas auch in Deutschland Bahn brächen, sagte Scholz, der bei der Veranstaltung eine Kippa trug.

Steinmeier: Schutz jüdischen Lebens ist Staatsaufgabe

Steinmeier sagte vor den Demonstrierenden in Berlin, der Schutz jüdischen Lebens sei Staatsaufgabe - "aber er ist auch Bürgerpflicht". Ausdrücklich bat Steinmeier "alle Menschen in unserem Land, diese Bürgerpflicht auch anzunehmen". Angesichts antisemitischer Ausschreitungen der vergangenen Tage nannte er es "unerträglich, dass Jüdinnen und Juden heute wieder Angst haben - ausgerechnet in diesem Land".

Steinmeier betonte, es sei unerträglich, dass jüdische Eltern ihre Kinder nicht mehr in die Schule schickten und das Berliner Holocaust-Mahnmal von der Polizei geschützt werden müsse. "Jeder einzelne Angriff auf Jüdinnen und Juden, auf jüdische Einrichtungen ist eine Schande für Deutschland." Israel-Hass, der sich auf den Straßen entlade, dürfe nicht geduldet werden. "Antisemitismus ist eine rote Linie."

Viele Demonstrierende hatten Tränen in den Augen, als die Angehörige Roni Roman ein Geburtstagslied für ihre Schwester anstimmte, die mit ihrem Kind von der Hamas entführt worden war. "Heute ist der Geburtstag meiner Schwester, ich stehe hier vor Ihnen alleine, ich weiß nicht wo sie ist, ich kann sie nicht in die Arme nehmen", sagte die Frau. "Die Zeit läuft ab für meine Schwester und mehr als 200 Menschen, die in Gaza gefangen gehalten werden."

Asher: "Haltet durch bitte, Euer Vater liebt Euch"

Yoni Asher, dessen Töchter und Frau entführt wurden, sagte: "Ich möchte meiner Tochter und meiner Frau sagen: Haltet durch bitte, Euer Vater liebt Euch, habt keine Angst, umarmt einander. Unsere Liebe wird gewinnen und Ihr werdet wieder in meine Arme zurückkehren."

Steinmeier rief den Angehörigen der Geiseln zu: "Wir Deutschen leiden, wir beten, wir flehen mit Euch." Die Deutschen wollten alles für die Freilassung der Geiseln tun. An die Geiselnehmer appellierte Steinmeier, die unschuldigen Menschen freizulassen.

Zahlreiche Demonstrierende schwenkten israelische Flaggen, zu sehen waren auch iranische und kurdische Fahnen, auch Transparente mit Aufschriften wie "Schluss mit dem Terror gegen Juden!". Zu lesen war auch: "Ich trauere mit den Angehörigen der israelischen Opfer - und der zivilen Opfer unter den Palästinensern." Einige Teilnehmer hielten Fotos von Geiseln hoch. Die Veranstalter sprachen von 25.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die Berliner Polizei, die mit einem massiven Aufgebot vor Ort war, von 10.000. Besondere Vorkommnisse oder Störungen gab es nicht, wie eine Sprecherin am Nachmittag sagte.

Pro-palästinensische Demo verboten

Die Berliner Polizei verbot unterdessen erneut eine pro-palästinensische Demonstration. Sie war für Sonntag von 14.00 bis 18.00 Uhr auf dem Potsdamer Platz in Berlin-Mitte unter dem Titel "Frieden im Nahen Osten" geplant. Die Entscheidung sei nach Bewertung aller Umstände und Erkenntnisse sowie der Abwägung sämtlicher Interessen gefallen, insbesondere des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit, teilte die Polizei am Samstag mit.

Auch jede Ersatzveranstaltung dafür ist demnach bis zum 30. Oktober verboten. Die Versammlungsbehörde habe den Fall basierend auf bisherigen Erfahrungen und weitergehenden Erkenntnissen geprüft. Es bestehe die unmittelbare Gefahr, dass es bei der Versammlung zu volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen, Gewaltverherrlichungen und Gewalttätigkeiten komme, so die Polizei.

Ihre Strategie der Verbote von palästinensischen Demonstrationen setzt die Berliner Polizei damit fort. Erst am Freitag teilte sie mit, dass zwei für Samstag angemeldete Versammlungen in Berlin-Mitte untersagt worden seien.

Einhalten der Demonstrationsverbote

Ungeachtet der Demo-Verbote war es in den vergangenen Tagen immer wieder zu pro-palästinensischen Ansammlungen und Gewaltausbrüchen in Berlin gekommen. Eine Sprecherin der Berliner Polizei sagte am Samstag, die Polizei sei in Berlin-Mitte unterwegs, um das Einhalten der Demonstrationsverbote zu überwachen.

Mehrere Tausend Menschen nahmen am Samstag in Düsseldorf an einer Pro-Palästina-Demonstration. Ein Polizeisprecher am Zug schätzte die Teilnehmerzahl auf 5.500. "Für Frieden, Gerechtigkeit, Menschenwürde in Palästina" stand auf einem Transparent. "Gegen Krieg, Gewalt und Aggression in Gaza", hieß es auf einem anderen Transparent. Viele Teilnehmer schwenkten Palästina-Fahnen.

Es seien deutlich mehr Menschen gekommen als angemeldet, sagte eine Polizeisprecherin. Dennoch habe es bis zum Nachmittag keine Zwischenfälle gegeben. Alles blieb weitgehend friedlich, wie auch ein dpa-Fotoreporter vor Ort berichtete. Die Polizei begleitete den Zug mit starken Kräften.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.