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Anschuldigungen und Beleidigungen

Totales Chaos bei TV-Debatte zwischen Trump und Biden

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Beleidigungen: ''Lügner'', ''Clown'', ''Klappe halten''.

Washington. Die TV-Debatte zwischen Trump und Biden wurde zur chaotischsten TV-Konfrontation der jüngeren US-Geschichte. Besonders Trump unterbrach ständig und musste laufend vom Moderator zur Ordnung gerufen werden. Inhaltlich brachte die von Anschuldigungen und Beleidigungen geprägte Debatte nichts Neues, Trump weigerte sich erneut zuzusagen, dass er das Ergebnis der Präsidentschaftswahl unabhängig vom Ausgang anerkennen werde.

Video zum Thema: Biden vs. Trump über Gesundheitsvorsorge

Trump und Moderator geraten zu Beginn von TV-Debatte aneinander

Bei der ersten TV-Debatte ziwschen Trump und Biden vor der Präsidentschaftswahl in den USA haben sich Moderator Chris Wallace und Präsident Donald Trump kurz nach Beginn den ersten Schlagabtausch geliefert. "Ich bin der Moderator der Debatte, und ich möchte, dass Sie mir erlauben, meine Frage zu stellen", sagte Wallace, als Trump ihm beim Thema Krankenversicherung immer wieder ins Wort fiel.
 
 
Trump sagte an Wallaces Adresse: "Ich schätze, ich debattiere mit Ihnen, nicht mit ihm. Aber das ist okay, ich bin nicht überrascht." Als Trump Biden immer wieder unterbrach, forderte Wallace den Präsidenten auf: "Können Sie ihn aussprechen lassen?" Biden warf mit Blick auf Trump ein: "Er weiß nicht, wie das geht."
 
 
Wallace kommt vom Trump-freundlichen Fernsehsender Fox News, ist aber weit darüber hinaus als unabhängig respektiert. Trump sagte im Fox-News-Radio am vergangenen Donnerstag über Wallaces Moderation bei der vermutlich chaotischsten TV-Konfrontation der US-Geschichte: "Ich bin bereit dazu zu wetten, dass er Biden keine harten Fragen stellen wird. Er wird mir harte Fragen stellen." Er sei überzeugt davon, dass Wallaces Moderation "unfair" werde. "Er wird von der radikalen Linken kontrolliert."
 
Video zum Thema: Biden nennt Trump einen Clown & Rassisten
 
Insgesamt sind drei TV-Debatten zwischen US-Präsident Trump und Biden geplant. Das zweite Streitgespräch ist für den 15. Oktober (16. Oktober, 3.00 Uhr MESZ) in Miami im Bundesstaat Florida geplant. Die letzte Debatte vor der Wahl soll am 22. Oktober (23. Oktober, 3.00 Uhr MESZ) in Nashville (Tennessee) stattfinden.

Trump warnte vor Betrug bei Briefwahlen

Trump malte einmal mehr das Szenario von massiven Betrug bei Briefwahlen und wich der Frage aus, ob er eine Niederlage akzeptieren würde. Er kündigte zudem an, er werde jeden Ausgang der Wahl akzeptieren. Umfragen zufolge wollen deutlich mehr Anhänger Bidens als Trumps per Post abstimmen. Die verbreitete Briefwahl könnte dazu führen, dass in der Wahlnacht noch kein Sieger feststeht.

Trump weigerte sich auch neuerlich, Rechtsradikale und bewaffnete rechte Gruppen eindeutig zu verurteilen. "Fast alles, was ich sehe, ist vom linken Rand, nicht vom rechten Rand", sagte er. Auf Drängen von Morderator Chris Wallace sagte Trump schließlich, diese Gruppen sollten sich zurückhalten, distanzierte sich aber nicht direkt von ihnen, sondern griff die linke Gruppierung Antifa an: "Jemand muss etwas gegen Antifa und die Linke tun, weil dies kein Problem des rechten Flügels ist, sondern ein Problem des linken Flügels".

Begonnen hatte die TV-Debatte zwischen Trump und Biden mit einem lebhaften Schlagabtausch über die Neubesetzung einer freien Stelle am Obersten Gericht der USA. Trump sagte zu seiner Nominierung der konservativen Richterin Amy Coney Barrett: "Wir haben die Wahl gewonnen und deswegen haben wir das Recht, sie auszuwählen." Biden forderte hingegen, mit der Besetzung der Stelle bis Februar 2021 zu warten, "weil wir mitten in einer Wahl sind, die bereits begonnen hat".

Beide Kandidaten stritten daraufhin über Themen, die schon bald dem Supreme Court zur Entscheidung vorgelegt werden könnten. Trump warf Biden vor, seine Demokratische Partei strebe eine sozialistische Gesundheitsversicherung an. Mit Blick auf die von Expräsident Barack Obama eingeführte Gesundheitsversorgung sagte Trump: "Obamacare ist eine Katastrophe, das ist zu teuer." Biden konterte in der Debatte mit einer Frontalattacke gegen Trump, warf ihm Lügen vor und sagte, Trump sei keine Hilfe für die vielen Menschen, die auf eine bezahlbare Gesundheitsversorgung angewiesen seien.

Video zum Thema: Biden vs. Trump über Wahlmanipulation

Biden kritisiert Trumps Vorgehen in Corona-Pandemie

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie warf Biden Trump vor, "keinen Plan" zu haben. Der Demokrat rief den Präsidenten dazu auf, aus seinem "Bunker" und von seinem Golfkurs zu kommen und Leben zu retten. Trump entgegnete, China sei Schuld an dem Virus. Wenn man auf Biden gehört hätte, wären die USA "weit offen gewesen". Er aber habe das Land "geschlossen" und einen "großartigen Job" beim Umgang mit der Pandemie gemacht. Wiederholt fiel Trump Biden ins Wort und nannte ihn unter anderem "eine Katastrophe". Biden warf Trump vor, vollkommen unverantwortlich gewesen zu sein, zu lügen und im Angesicht der Pandemie in "Panik geraten" zu sein.

Video zum Thema: Biden vs. Trump über Coronavirus

Biden hielt Trump auch vor, er habe nach dem Tod von George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz Ende Mai versucht, "rassistischen Hass zu erzeugen, rassistische Spaltung". Trump antwortete, angesichts der gewaltsamen Unruhen im Anschluss an den Tod von Floyd in Minneapolis habe er dort wieder für Ruhe gesorgt, "weil wir an Recht und Ordnung glauben - und du tust das nicht, Joe", fügte der Präsident hinzu.

Bei allen Themen rutschte das Streitgespräch in der TV-Debatte zwischen Trump und Biden meist in ein chaotisches Wortgefecht ab, in dem die beiden wild durcheinander sprachen. Insbesondere fiel der Präsident seinem Herausforderer ins Wort. "Es ist schwer, mit diesem Clown auf den Punkt zu kommen", beschwerte sich Biden im vermutlich chaotischsten TV-Konfrontation der US-Geschichte.

Zitate aus der TV-Debatte zwischen Trump und Biden

Wie vorgesehen, wird angesichts der Corona-Pandemie auf einen Handschlag zum Auftakt des Duells verzichtet.
  • Zitate Bidens:

"Würden Sie mal die Klappe halten, Mann?"
 
"Es ist schwer, mit diesem Clown auf den Punkt zu kommen."
 
(Reaktion Bidens, nachdem ihm Trump zum wiederholten Mal ins Wort gefallen war.)
 
"Sie sind der schlechteste Präsident, den Amerika je hatte."
 
(Biden zur Regierungsbilanz von Trump.)
 
"Er ist Putins Welpe."
 
(Biden zum Verhältnis von Trump zum russischen Staatschef Wladimir Putin.)
 
"Man kann die Wirtschaft nicht in Ordnung bringen, bevor man die Corona-Krise löst."
 
"Wir können den Rassismus in Amerika überwinden."
 
"Gewalt ist nie richtig, nur friedlicher Protest ist es."
 
(Biden zu den Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt.)
 
"Kommt und wählt, wählt, wählt!"
 
"Er kann nicht im Amt bleiben, das wird nicht passieren."
 
(Biden zu Spekulationen, Trump werde im Fall einer Wahlniederlage das Weiße Haus nicht räumen.)
 
  • Zitate Trumps:

"Ich hoffe, dass es eine faire Wahl sein wird."
 
"Aber dann werden Tausende von Stimmzetteln manipuliert - das kann ich nicht akzeptieren."
 
(Trumps unbestätigter Vorwurf, dass die Briefwahl zu seinen Ungunsten manipuliert werden könnte.)
 
"Es gab noch nie eine Regierung, die das getan hat, was ich getan habe."
 
(Trump zu seiner Regierungsbilanz.)
 
"Viele Dinge tun das, aber in einem gewissen Ausmaß, ja."
 
(Trump auf die Frage, ob er glaube, dass Umweltverschmutzung und Treibhausgase zur Erderwärmung beitrügen.)
 
"Millionen von Dollar"
 
(Trump auf die Frage, wie viel Einkommenssteuer auf Bundesebene er im Jahr seiner Wahl - 2016 - sowie 2017 gezahlt habe. Die "New York Times" hatte berichtet, dass Trump in den Jahren 2016 und 2017 lediglich jeweils 750 Dollar Einkommensteuer auf Bundesebene zahlte.)
 
"Ich möchte keine Steuern zahlen."

Zwei Wahlkämpfer im Streitgespräch - ein Faktencheck

In der heißen Phase des US-Wahlkampfs zwischen Trump und Biden sind der republikanische Amtsinhaber und sein demokratischer Herausforderer erstmals direkt aufeinandergetroffen. Bei der ersten TV-Debatte zwischen Trump und Biden am Dienstag (Ortszeit) in Cleveland im Bundesstaat Ohio ging es unter anderem um die Corona-Pandemie, das Oberste US-Gericht, die Integrität der Wahl und die Lage der US-Wirtschaft. Ein Blick auf die Aussagen:
 

TRUMPS BEHAUPTUNG: "Er (Biden) will unser Land schließen."

 
BEWERTUNG: Das ist irreführend.
 
FAKTEN: Biden verspricht, die Corona-Pandemie mit Hilfe einer nationalen Strategie einzudämmen. So sagte er etwa, dass er dabei dem Rat von Wissenschaftern und Gesundheitsexperten folgen würde. Falls diese zur Eindämmung der Pandemie neue Ausgangsbeschränkungen empfehlen sollten, würde er dem Folge leisten, sagte Biden. "Ich wäre bereit, alles Nötige zu tun, um Leben zu retten", sagte er im Gespräch mit dem Fernsehsender ABC. In den USA gibt es mehr als sieben Millionen bestätigte Corona-Infektionen und mehr als 205.000 Todesfälle - so viele wie in keinem anderen Land der Welt.
 

TRUMPS BEHAUPTUNG: Man wisse nicht, wie viele Corona-Tote es in China, Russland und Indien gebe.

 
BEWERTUNG: In der absoluten Formulierung stimmt das nicht.
 
FAKTEN: Es gibt weltweite Vergleichszahlen, etwa von der amerikanischen Johns-Hopkins-Universität. Diese nutzt für ihre Angaben zum Beispiel nationale Gesundheitsbehörden oder die Weltgesundheitsorganisation WHO als Quellen sowie lokale Medienberichte. Demnach sind etwa in Indien bisher mehr als 96.000 Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Die USA mit mehr als 205.000 Toten stehen in relativen Zahlen weltweit an der Spitze. Experten gehen allerdings von hohen Dunkelziffern aus.
 
TRUMPS BEHAUPTUNG: Bidens Sohn Hunter hat 3,5 Millionen Dollar von der Witwe des früheren Bürgermeisters von Moskau, der Unternehmerin Elena Baturina, bekommen.
 
BEWERTUNG: Dafür liegen keine Beweise vor.
 
FAKTEN: Die Republikaner im US-Senat haben die Geschäfte von Hunter Biden unter die Lupe genommen und in der vergangenen Woche einen Bericht dazu veröffentlicht. Darin schreiben sie, dass Baturina im Februar 2014 ein Beraterhonorar in Höhe von 3,5 Millionen US-Dollar auf das Bankkonto der Firma Rosemont Seneca Thornton überwiesen haben soll. In dem Bericht heißt es zudem, dass Hunter Biden 2013 die Investmentgesellschaft mitbegründet habe. Dass Hunter Biden das Geld direkt bekommen haben soll - wie Trump sagt - geht nicht daraus hervor.
 
Hunter Bidens Anwalt, George Mesires, sagte nach der Veröffentlichung des Berichts US-Medien wie der "Washington Post", dass sein Mandant weder Anteile an der Firma gehalten habe noch ein Mitbegründer von ihr war. Der Vorwurf, Hunter Biden habe 3,5 Millionen US-Dollar von Baturina erhalten, sei demnach falsch.
 
TRUMPS BEHAUPTUNG: Biden habe Schwarze in der Vergangenheit als "Raubtiere" ("super predators") bezeichnet.
 
BEWERTUNG: Das stimmt nicht.
 
FAKTEN: Die Behauptung geht zurück auf Aussagen von Hillary Clinton aus dem Jahr 1996. Die damalige First Lady sprach im Zusammenhang mit Gang-Kriminalität von "super predators". Biden nutzte im Zusammenhang mit Kriminalität in den 90er Jahren als Senator ebenfalls den Begriff "predators" und ging auch auf den Zusammenhang von Kriminalität und ethnischer Zugehörigkeit ein - aber er nannte Schwarze nicht pauschal "Raubtiere".
 
BIDENS BEHAUPTUNG: "Wir haben jetzt ein höheres Defizit mit China als wir es vorher hatten."
 
BEWERTUNG: Das stimmt nicht.
 
FAKTEN: Das Handelsdefizit ist im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr geschrumpft. Das dürfte eine unmittelbare Folge des "Handelskriegs" mit China und Maßnahmen wie höheren Zöllen sein. 2018 betrug das Defizit aus US-Sicht rund 419 Milliarden Dollar, 2019 nur noch rund 345 Milliarden, wie aus Zahlen des U.S. Census Bureau hervorgeht.
 
Als Handelsdefizit wird ein Überschuss der Einfuhren über die Ausfuhren bezeichnet. Es gibt damit an, dass ein Land mehr konsumiert, als es selbst herstellt - die Differenz wird importiert. Trump hatte den Handelskrieg angezettelt, weil er das Handelsdefizit mit China senken wollte.
 
TRUMPS BEHAUPTUNG: Die Wahl "wird nicht gut enden".
 
BEWERTUNG: Das ist rein hypothetisch.
 
FAKTEN: Trump traf seine Aussage mit Blick auf die Briefwahl. Wegen der Corona-Pandemie wird damit gerechnet, dass viel mehr Wähler als in normalen Jahren ihre Stimme per Post abgeben. Trump warnt immer wieder vor massivem Wahlbetrug bei einer großflächigen Briefwahl, hat dafür allerdings keine stichhaltigen Beweise angeführt.
 
Mehrere demokratisch regierte US-Staaten, darunter Washington, Kalifornien, Nevada oder New Jersey, senden Briefwahlzettel an jeden registrierten Wähler. Auch im republikanisch regierten Utah werden Briefwahlzettel an jeden registrierten Wähler geschickt. FBI-Chef Christopher Wray sagte kürzlich im Senat, in den USA habe es bisher keinen Wahlbetrug im großen Stil gegeben, sondern von Zeit zu Zeit Fälle auf lokaler Ebene.
 
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