Ausschreitungen am Gazastreifen

Tote und Hunderte Verletzte bei Protesten

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Zusammenstöße mit israelischer Armee nach Demo-Aufruf der Hamas.

Ein 17-Jähriger ist nach palästinensischen Angaben bei gewaltsamen Auseinandersetzungen mit israelischen Soldaten an der Gaza-Grenze erschossen worden. Mindestens 99 Palästinenser seien verletzt worden, darunter zehn durch Schüsse, teilten das Gesundheitsministerium in Gaza und der Rettungsdienst Roter Halbmond am Samstag mit.

Tote und Hunderte Verletzte bei Protesten
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Ein Palästinenser war bereits in der Früh seinen Verletzungen nach Konfrontationen am Vorabend erlegen. Die israelische Armee sprach von rund 40.000 Palästinensern, die sich am Samstag im Grenzgebiet versammelten.

 

"Eine-Million-Marsch"

Die Organisatoren der Proteste hatten zu einem "Eine-Million-Marsch" aufgerufen. Sie erinnerten damit an den Beginn der Proteste am Grenzzaun vor einem Jahr. Nach israelischen Militärangaben warfen Teilnehmer Steine, Granaten und Sprengsätze auf den Zaun und zündeten Reifen an. Die Soldaten würden Maßnahmen zur Auflösung von Unruhen ergreifen und auch schießen, hieß es in einer Mitteilung. Der größte Teil der Palästinenser halte sich aber weiter entfernt vom Zaun bei Zelten auf - nach palästinensischen Angaben rund 300 Meter vom Grenzzaun entfernt. Wegen eines Generalstreiks blieben Geschäfte im Gazastreifen geschlossen.

Tote und Hunderte Verletzte bei Protesten
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Die israelische Behörde COGAT hatte Bewohner des Gazastreifens aufgefordert, sich am Samstag vom Zaun fernzuhalten. "Haltet einen Abstand von mindestens 300 Metern ein", sagte Oberst Iyad Sarhan in einem Video. "Die israelische Armee wird weder Versuche tolerieren, Zivilisten oder Soldaten zu verletzen, noch Beschädigungen am Grenzzaun." Die israelische Armee hatte zusätzliche Einheiten in den Süden des Landes verlegt.

Palästinenser gedenken "Tag des Bodens"

Palästinenser gedenken am 30. März, dem "Tag des Bodens", massiver Landenteignungen und sechs israelischer Araber, die am 30. März 1976 in dem Ort Sakhnin von der israelischen Polizei getötet worden waren. Sie hatten gegen die Beschlagnahmung arabischen Bodens protestiert.

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Die Palästinenser verlangen beim "Marsch der Rückkehr" unter anderem eine Aufhebung der Blockade, die Israel und Ägypten über den Gazastreifen verhängt haben. Außerdem pochen sie auf ein Recht auf Rückkehr in Gebiete, die heute zu Israel gehören. Israel und Ägypten begründen die Blockade mit Sicherheitsinteressen. Die USA, Israel und die EU haben die im Gazastreifen herrschende radikalislamische Hamas als Terrororganisation eingestuft.

Die Hamas und die militante Palästinenserorganisation Islamischer Jihad warnten, dass "jegliche Aggression gegen den 'Eine-Million-Marsch' am 'Tag des Bodens' mit Widerstand beantwortet" werde.

Ägypten vermittelt

Ägypten hat sich nach Medienberichten in den vergangenen Tagen um eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas bemüht. Die linksliberale israelische Zeitung "Haaretz" berichtete am Freitagabend, Israel und palästinensische Gruppierungen hätten eine Einigung erzielt. Danach habe die Hamas sich dazu bereit erklärt, die Demonstranten am Samstag vom Grenzzaun fernzuhalten. Israel werde sich dagegen bei der Zerschlagung der Unruhen zurückhalten und unter anderem die Einfuhr von Waren in den Gazastreifen erleichtern.

Ein Sprecher von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu wollte sich zunächst nicht dazu äußern. Ein führendes Mitglied der Hamas sagte, Israel habe nach Angaben Ägyptens seine Zustimmung zu Forderungen nach einer Lockerung der Blockade um den Gazastreifen gegeben.
 
Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas forderte zum "Tag des Bodens" erneut einen unabhängigen Staat Palästina neben Israel in den Grenzen vor 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. "Das Leiden unserer Volkes in 100 Jahren und die enormen Opfer, die von diesem großartigen Volk erbracht wurden, werden nicht umsonst gewesen sein", sagte er laut der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA.
 
Das Nationalkomitee des "Marsches der Rückkehr" aus dem Gazastreifen hatte im Vorfeld auch ähnliche Proteste in Israel, in Jerusalem und dem Westjordanland angekündigt sowie in mehreren arabischen und europäischen Ländern. Aus dem Westjordanland und Jerusalem gab es allerdings zunächst keine Berichte von größeren Aktionen. Zum Nationalkomitee gehören auch Vertreter der Hamas.
 
Bei den Protesten wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza binnen eines Jahres 268 Palästinenser getötet und Tausende verletzt. Ein israelischer Soldat wurde erschossen.

Weiterer Palästinenser getötet

Bei den Protesten im Gazastreifen gegen die israelische Besatzung ist am Samstag ein weiterer Palästinenser getötet worden. Ein 17-Jähriger sei östlich von Khan Younis im Süden des Gazastreifens am Oberkörper von tödlichen Schüssen der israelischen Armee getroffen worden, erklärte das Gesundheitsministerium der von der radikalislamischen Hamas geführten Regierung in Gaza.
 
Zuvor waren dem Ministerium zufolge bereits ein 17- und ein 20-jähriger Palästinenser erschossen worden. Außerdem gebe es Dutzende Verletzte.
 
An der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel gab es am Samstag Zusammenstöße zwischen palästinensischen Demonstranten und der israelischen Armee. Israelische Soldaten setzten Tränengas ein, um die Menschen von dem schwer gesicherten Grenzzaun fernzuhalten, wie AFP-Reporter berichteten. Palästinenser warfen Steine auf israelische Soldaten und steckten Autoreifen in Brand.
 
Die Palästinenser waren einem Aufruf der Hamas gefolgt, am Jahrestag der massiven Protestwelle erneut zu demonstrieren. Seit dem ersten "Großen Marsch der Rückkehrer" am 30. März 2018 waren bei den wöchentlichen Protesten mindestens 258 Palästinenser und zwei israelische Soldaten getötet worden.
 
Die jüngsten Konfrontationen erfolgen kurz vor der Parlamentswahl in Israel am 9. April. Der Hardliner und langjährige Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kämpft um eine weitere Amtszeit.
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