US-Präsident Donald Trump will, dass die europäischen Staaten mehr bezahlen, um die Kosten für Flüchtlinge aus Syrien abzudecken. Seinen Kollegen Recep Tayyip Erdogan lobte er jedoch bei seinem Besuch in Washington.
Washington. Nach einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Mittwoch im Weißen Haus in Washington erklärte Trump: "Ich denke, dass Europa offen gesagt zu einem großen Teil dafür zahlen sollte. Derzeit bezahlt ja die Türkei das meiste."
Trump äußerte sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Erdogan. Während er seinem Amtskollegen und Gast in puncto Flüchtlinge verbale Unterstützung bot, ist das Verhältnis zwischen den NATO-Partnern Türkei und USA wegen zahlreicher Streitpunkte getrübt. Die türkische Militäroffensive gegen Kurdenmilizen, welche US-Soldaten im Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS) unterstützen, in Nordsyrien vor gut einem Monat hatte die Spannungen noch verschärft.
Wegen des seit mehr als acht Jahren andauernden Bürgerkriegs in Syrien habe Millionen Syrer ihr Land verlassen. Die meisten haben sich in Nachbarländer geflüchtet, die meisten davon wiederum mit 3,3 Millionen in die Türkei, gefolgt vom Libanon (mehr als eine Million), Jordanien (655.000) und dem Irak (246.000). Noch mehr Syrer - laut UNHCR 6,6 Millionen - sind im eigenen Land zu Binnenflüchtlingen geworden.
Trump lobt Erdogan bei USA-Besuch trotz Spannungen mit Ankara
Trotz großer Spannungen zwischen Washington und Ankara hat US-Präsident Donald Trump seinen türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan beim Besuch in Washington fast überschwänglich gelobt. "Ich bin ein großer Fan des Präsidenten", sagte Trump am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Erdogan im Weißen Haus.
"Wir haben eine großartige Beziehung." Das gelte sowohl für ihr persönliches Verhältnis als auch für die Beziehungen beider Länder. Für ihren Streit um den Kauf eines russischen Raketenabwehrsystems vom Typ S-400 fanden beide Seiten keine Lösung. Erdogan äußerte auch Unmut über die jüngste Armenien-Resolution aus dem US-Kongress.
Das Verhältnis zwischen den NATO-Partnern Türkei und USA ist wegen diverser Streitpunkte getrübt. Die türkische Militäroffensive in Nordsyrien vor gut einem Monat hatte die Spannungen noch verschärft.
Die türkische Armee war am 9. Oktober mit verbündeten Rebellen in Nordsyrien einmarschiert, um die Kurdenmiliz YPG aus dem Grenzgebiet zu vertreiben. Die YPG ist der Verbündete der US-Streitkräfte im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die Türkei betrachtet die Kurdenmiliz dagegen als Terrororganisation. Trump hatte der Offensive mit einem Abzug der US-Truppen aus dem Grenzgebiet in Nordsyrien den Weg geebnet. Kritiker warfen ihm vor, die YPG so im Stich gelassen zu haben.
Trump sagte dagegen, die Beziehung der USA zu den Kurden sei gut. Auch die vereinbarte Waffenruhe in dem Gebiet halte. Er verstehe die Sorgen der türkischen Regierung mit Blick auf Nordsyrien, betonte Trump und dankte Erdogan für dessen Engagement. Die Türkei habe auch zahlreiche IS-Kämpfer in der Region festgenommen und bewache diese.
Vor dem Weißen Haus protestierten am Mittwoch Dutzende Menschen gegen Erdogan und dessen Offensive. Demonstranten hielten unter anderem Fahnen der Kurdenmiliz YPG und riefen: "Türkei raus aus Syrien" und "Schande über die Türkei". Am Abend zogen Demonstranten weiter vor das nahe gelegene Hotel, in dem Erdogan in Washington übernachtete. Am Rande von Erdogans jüngstem Besuch in der US-Hauptstadt im Mai 2017 hatten dessen Bodyguards vor der türkischen Botschaft friedliche Demonstranten verprügelt, was in Amerika Empörung auslöste.
Erdogan hatte seinen aktuellen USA-Besuch zwischenzeitlich öffentlich infrage gestellt - nach einem Votum im US-Kongress, das der türkischen Regierung sehr missfiel. Das Repräsentantenhaus hatte Ende Oktober eine Resolution verabschiedet, in der es heißt, die USA würden den Völkermord an den Armeniern anerkennen und die Tötung von 1,5 Millionen Armeniern durch das Osmanische Reich verurteilen.
Die Türkei als Nachfolgerin des Osmanischen Reiches gesteht den Tod von 300.000 bis 500.000 Armeniern während des Ersten Weltkrieges ein und bedauert die Massaker. Eine Einstufung als Völkermord weist sie jedoch strikt zurück. Erdogan beklagte, die Kongress-Resolution habe die Absicht, die türkische Nation zu verletzen und sie ziele darauf ab, "einen Schatten auf unsere Beziehungen zu werfen". Er mahnte: "In einer Angelegenheit, die sich vor 104 Jahren unter Kriegsbedingungen ereignet hat, müssen die Entscheidungsträger nicht Politiker sein, sondern Historiker."
Der türkische Präsident forderte auch erneut die Auslieferung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, den er "Terroristenanführer" nannte. Dass Gülen in den USA lebe, sei nicht akzeptabel. Er hoffe, dass die USA "diesen Terroristen" an die Türkei übergäben, so wie auch die Türkei Terroristen an andere Länder ausliefere.
Der islamische Prediger Gülen (78) lebt im US-Bundesstaat Pennsylvania. Die Türkei macht Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich. Gülen weist jede Verantwortung zurück. Seit dem Putsch geht die Türkei im eigenen Land gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger, aber auch gegen Oppositionelle vor.
Trump mühte sich bei Erdogans Besuch dagegen betont um versöhnliche Töne. Er sagte, die Türkei sei ein wichtiger strategischer Partner für die USA. Auch die Handelsbeziehungen beider Länder hätten großes Potenzial und sollten deutlich ausgeweitet werden. Bei der Zusammenkunft mit Erdogan im Oval Office sagte er: "Der Präsident und ich sind sehr gute Freunde. "Wir sind seit Langem befreundet - fast seit dem ersten Tag." Man verstehe das jeweils andere Land.
Im Streit um den Kauf eines russischen Raketenabwehrsystems vom Typ S-400 gibt es allerdings weiterhin keine Lösung zwischen beiden Seiten. Dass die Türkei militärische Ausrüstung von Russland gekauft habe, habe "einige sehr ernste Herausforderungen" geschaffen, sagte Trump - in einer seiner wenigen kritischen Bemerkungen bei dem Besuch. Er betonte zugleich: "Hoffentlich werden wir in der Lage sein, die Situation zu lösen." Die Außenminister und die Nationalen Sicherheitsberater seien damit beauftragt, eine Lösung zu finden. Erdogan sagte, die Probleme seien nur mit Dialog zu überwinden.
Die Türkei hatte mit dem Rüstungsdeal im Sommer für Verärgerung beim NATO-Partner USA gesorgt. Washington befürchtet, dass Russland über das empfindliche Radar des Waffensystems an Daten über die Fähigkeiten des US-Kampfjets F-35 gelangt. Ankara war Partner beim Bau des Kampfjets und wollte zahlreiche Flugzeuge kaufen. Nach dem Erwerb des Raketenabwehrsystems schlossen die USA die Türkei zwar aus dem F-35 Programm aus. Harte Sanktionen blieben bisher aber aus.