Lawrow wirft Westen Einmischung in der Ukraine vor

Blinken: Atomdrohungen aus Russland müssen aufhören

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Blinken sagte in einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrates: ''Jedes Ratsmitglied kann eine klare Botschaft aussenden, dass diese rücksichtslosen nuklearen Drohungen sofort aufhören müssen.''

New York/Kiew (Kyjiw)/Moskau. US-Außenminister Antony Blinken hat ein Ende russischer Drohungen mit Atomwaffen gefordert. In einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrates sagte Blinken am Donnerstag in New York: "Jedes Ratsmitglied kann eine klare Botschaft aussenden, dass diese rücksichtslosen nuklearen Drohungen sofort aufhören müssen." Russlands Außenminister Sergej Lawrow warf dem Westen wegen dessen Waffenlieferungen und der Unterstützung für Kiew eine direkte Einmischung in den Krieg in der Ukraine vor.

"Diese Politik, Russland zu zermürben und zu schwächen, bedeutet die direkte Einmischung des Westens in den Konflikt und macht sie zu einer Konfliktpartei", sagte Lawrow. Die Position jener Staaten, "die die Ukraine mit Waffen vollpumpen und ihre Soldaten ausbilden" sei besonders zynisch, ergänzte er. Das Ziel dieser Unterstützung sei offensichtlich, die Kämpfe "trotz der Opfer und der Zerstörung so lange wie möglich hinauszuzögern", sagte er weiter.

Lawrow verteidigte den Angriffskrieg

Lawrow verteidigte zudem den Angriffskrieg gegen das Nachbarland, den Russland vor fast sieben Monaten gestartet hatte, und erhob schwere Vorwürfe gegen Kiew. "Wir haben keinen Zweifel daran, dass die Ukraine zu einem völlig totalitären Nazi-ähnlichen Staat geworden ist, in dem die Normen des humanitären Völkerrechts mit Füßen getreten werden", sagte Lawrow. Die Entscheidung, eine "militärische Spezialoperation" gegen die Ukraine zu starten, sei unausweichlich gewesen, behauptete er mit Blick auf den Angriffskrieg. Das Land sei eine Bedrohung für die Sicherheit Russlands. "Und ich kann Ihnen versichern, dass wir dies niemals hinnehmen werden", sagte Lawrow.

Blinken beklagte, Russlands Präsident Wladimir Putin habe sich entschieden, seinen Krieg nicht zu beenden, sondern auszubauen, seine Truppen nicht abzuziehen, sondern noch aufzustocken, Spannungen nicht abzubauen, sondern die Lage zu eskalieren. "Dass Präsident Putin diese Woche, in der der größte Teil der Welt bei den Vereinten Nationen versammelt ist, gewählt hat, um das Feuer, das er gelegt hat, weiter anzuheizen, zeigt seine völlige Verachtung für die UN-Charta, für die Generalversammlung und für diesen Rat", sagte der US-Außenminister. "Die internationale Ordnung, zu deren Wahrung wir uns hier versammelt haben, wird vor unseren Augen zerschlagen. Wir können und werden nicht zulassen, dass Präsident Putin damit durchkommt."

Angekündigte Teilmobilisierung

Mit der angekündigten Teilmobilisierung hat Putin nach Ansicht des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba die Niederlage Russlands eingestanden. "Putin hat die Mobilisierung angekündigt, aber was er wirklich vor der ganzen Welt angekündigt hat, war die Niederlage", sagte Kuleba vor dem UN-Sicherheitsrat. "Du kannst 300.000 oder 500.000 Menschen einziehen, aber du wirst diesen Krieg nie gewinnen." Jeder einzelne Ukrainer stünde bereit, sein Land zu verteidigen, sagte er.

Zuvor hatte UNO-Generalsekretär António Guterres die von Russland unterstützten Referenden in mehreren Gebieten der Ostukraine als möglichen Bruch des Völkerrechts kritisiert. "Jede Annexion des Hoheitsgebiets eines Staates durch einen anderen Staat aufgrund der Androhung oder Anwendung von Gewalt ist eine Verletzung der UN-Charta und des Völkerrechts", sagte Guterres.

Kaum verhohlene Atomdrohungen Putins

Zugleich betonte Guterres in Anspielung auf kaum verhohlene Atomdrohungen von Kremlchef Wladimir Putin: "Die Idee eines nuklearen Konflikts, einst undenkbar, ist zu einem Diskussionsthema geworden." Dies sei nicht akzeptabel. Unterdessen beruhige sich der Krieg nicht, im Gegenteil: Er sei "weitere Schritte weg von jeder Aussicht auf Frieden – und hin zu einem endlosen Kreislauf von Schrecken und Blutvergießen." Verantwortliche für mögliche Kriegsverbrechen müssten in einem fairen und unabhängigen Gerichtsverfahren zur Rechenschaft gezogen werden, forderte er.

Chinas Außenminister Wang Yi rief Russland und die Ukraine vor dem UN-Sicherheitsrat zur Aufnahme von Friedensgesprächen ohne Vorbedingungen auf. "Dialog und Verhandlungen" seien der einzige Weg, den Konflikt zu beenden, sagte Wang am Donnerstag vor dem Sicherheitsrat in New York. "Alle Anstrengungen, die zur Lösung der Krise beitragen könnten, sollten unterstützt werden." Jede Form von "heißem Krieg oder neuem Kalten Krieg" müsse verhindert werden.

Wang forderte Beteiligte zur "Zurückhaltung" auf

Wang forderte, dass die territoriale Integrität aller Länder respektiert sowie die Prinzipien der UN-Charta eingehalten werden müssten. Er forderte die Beteiligten zur "Zurückhaltung" auf - verurteilte das befreundete Russland aber wie bisher auch nicht direkt für den Angriffskrieg auf die Ukraine.

Auch Indien rief Russland und die Ukraine auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die Auswirkungen des Konflikts seien auch in entfernten Regionen der Welt zu spüren, sagte Außenminister Subrahmanyam Jaishankar am Donnerstag in einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York zur Lage in der Ukraine. Die Nuklearfrage bereite in einer globalisierten Welt dabei besondere Sorgen, warnte er vor dem Hintergrund der Gefechte um das von Russland besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja.

"Sie alle haben die Folgen erlebt"

"Sie alle haben die Folgen in Form steigender Kosten und Knappheit an Nahrungsmitteln, Getreide, Düngemitteln und Brennstoffen erlebt", wandte sich Jaishankar an die Mitglieder des Sicherheitsrats. Besonders der globale Süden sei davon betroffen. Es dürften daher keine Maßnahmen eingeleitet werden, die die angeschlagene Weltwirtschaft weiter belasteten. Er fordere aus diesem Grund nachdrücklich die sofortige Einstellung aller Feindseligkeiten und eine Rückkehr zu Dialog und Diplomatie. Selbst in Konfliktsituationen gebe es keine Rechtfertigung für die Verletzung der Menschenrechte oder des Völkerrechts. Wenn es zu solchen Handlungen komme, müssten sie objektiv und unabhängig untersucht werden, forderte er.

Indien unterhält enge Handelsbeziehungen mit Russland. Das Land nimmt mit Blick auf den Krieg eine neutrale Haltung ein und trägt etwa westliche Sanktionen nicht mit. So hatte sich das Land im März enthalten, als 141 der 193 UN-Mitgliedstaaten für eine Resolution gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine stimmten.

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