Ukraine-Krise

Kiew: Russlands Armee schafft keine Geländegewinne

Teilen

Die russischen Truppen haben nach ukrainischen Angaben in den vergangenen 24 Stunden keine Geländegewinne an den Hauptfronten gemacht.  

Russland begreife auch, dass es das Stahlwerk in Mariupol nicht mit Gewalt einnehmen könne, sagte am Donnerstag Olexij Arestowytsch, der enger Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist. "Sie können Asowstal nicht einnehmen, sie haben das begriffen, sie haben dort enorme Verluste." Die ukrainischen Verteidiger hielten das Stahlwerk weiterhin. Arestowytsch reagierte damit auf den Befehl des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Eroberung des Asowstal-Werkes aufzugeben und es stattdessen komplett abzuriegeln.

Putin hat Sturm aufs Stahlwerk offiziell abgesagt

   Putin sieht keinen Grund mehr, das Industriegebiet in Mariupol zu stürmen. Die entsprechenden Pläne würden nicht mehr umgesetzt, sagte Putin am Donnerstag. Die Anlage solle aber derartig blockiert werden, so dass es noch nicht mal mehr eine Fliege durchkäme, ohne entdeckt zu werden. Die Kontrolle über die Hafenstadt im Südosten der Ukraine erlangt zu haben, sei ein Erfolg.

Schoigu sieht noch 2,000 Ukrainer im Stahlwerk

   Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu erklärte der Nachrichtenagentur Interfax zufolge, Russland habe die ukrainische Hafenstadt Mariupol eingenommen. In dem Stahlwerk Asowstal befänden sich aber immer noch mehr als 2.000 ukrainische Soldaten, informierte Schoigu den russischen Präsidenten

   Die ukrainische Regierung forderte von Russland dringend freies Geleit für Zivilisten und verletzte Soldaten aus dem von russischen Truppen belagerten Asowstal-Stahlwerk in Mariupol. "Es halten sich rund 1000 Zivilisten und 500 verletzte Soldaten dort auf", erklärte Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk in einem Online-Beitrag. "Sie müssen alle noch heute aus Asowstal weggebracht werden."

   Die Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine gehen nach russischen Angaben weiter. Russland warte noch immer auf eine Antwort auf seine jüngsten Vorschläge in Zusammenhang mit den Beratungen, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Man sei verwundert über die Aussage des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, er habe die jüngsten Vorschläge nicht gesehen. Selenskyj hat am Mittwoch erklärt, er habe von einem Dokument, das die russische Führung an die Ukraine geschickt habe, weder etwas gesehen noch etwas gehört.

Russland schließt alle baltischen Konsulate

   Russland schließt die Konsulate der baltischen Staaten und erklärt deren Beschäftigte zu unerwünschten Personen. Die Vertretungen Lettlands in St. Petersburg und Pskow würden geschlossen, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Das estnische Konsulat in St. Petersburg und sein Büro in Pskow würden ebenso dichtgemacht wie das litauische Konsulat in St. Petersburg. Russland reagierte damit auf Schritte der baltischen Staaten im April. So hatten Lettland und Estland je zwei russische Konsulate wegen des Angriffs auf die Ukraine geschlossen. Litauen hatte den russischen Botschafter aufgefordert, das Land zu verlassen.

   Das lettische Parlament verabschiedete am Donnerstag einstimmig eine Entschließung in der Russland Völkermord am ukrainischen Volk vorgeworfen wird. Estland ist die Verwendung des Z-Symbols in der Öffentlichkeit künftig verboten. Der Buchstabe wird von Befürwortern des russischen Angriffskriegs in der Ukraine genutzt und steht für "za pobedu" ("Für den Sieg").

   Charkiw liegt nach Angaben von Bürgermeister Ihor Terechow unter schwerem Beschuss. "Gewaltige Explosionen, die Russische Föderation bombardiert wütend die Stadt", sagte Terechow in einer Fernsehansprache. Charkiw ist nach Kiew die zweitgrößte Stadt der Ukraine und liegt im Nordosten des Landes. Etwa eine Million Menschen seien weiterhin in Charkiw, sagt Terechow. Rund 30 Prozent der zu Friedenszeiten rund 1,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner seien in Sicherheit gebracht worden - vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen.

   Russland und Belarus wollen auf die Verstärkung der Nato-Truppen an ihren Grenzen reagieren. Das sagt Alexej Polischtschuk, ein Diplomat im russischen Außenministerium, der Nachrichtenagentur Tass. Er verweist auf den Unionsstaat, also die Union von Russland und Belarus, sowie auf das von Russland geführte Militärbündnis OVKS (Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit). "Gemeinsam mit den belarussischen Verbündeten müssen wir auf die militärische Verstärkung der Nato-Streitkräfte an den Grenzen des Unionsstaates und der OVKS reagieren und die Schritte auf internationaler Ebene koordinieren." Der OKVS (englisch CSTO) gehören neben Russland und Belarus auch Armenien, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan an.

   Das russische Militär hat nach eigenen Angaben in der Nacht mit Raketen und Artillerie 1001 militärische Ziele der Ukraine getroffen. Darunter seien 162 Gefechtsposten, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Zudem hätten russische Streitkräfte und von Russland unterstützte Separatisten die Stadt Kreminna in der Ost-Ukraine vollständig unter ihre Kontrolle gebracht.

   Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez und die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen wollten im Tagesverlauf den ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Kiew besuchen. Das teilten die spanische und die dänische Regierung mit. Sanchez ist demnach bereits in der ukrainischen Hauptstadt eingetroffen. Man wolle über weitere Unterstützung für die Ukraine im Krieg mit Russland und die Verfolgung von Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen sprechen, erklärte die dänische Regierung.

   US-Präsident Joe Biden will sich heute in einer Rede im Weißen Haus erneut zum Krieg in der Ukraine äußern. Dabei werde es voraussichtlich auch um die US-Bemühungen für eine weitere Unterstützung der Ukraine und Waffenlieferungen an die Ukraine gehen, hieß es in Regierungskreisen. Die Ansprache ist für 15.45 Uhr (09.45 Uhr Ortszeit) geplant.
 

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.