Ukraine-Krieg

Kreml-naher Politologe forderte Umerziehung der Ukrainer

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Parallel zum Bekanntwerden mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine hat ein prominenter russischer Experte mit Verbindungen zum Kreml ein Manifest veröffentlicht.

In diesem fordert er die totale Umerziehung der ukrainischen Bevölkerung und das Ende eines souveränen Staates namens "Ukraine". Lediglich "katholische" Regionen der heutigen Westukraine würden nicht unter russische Kontrolle geraten, schrieb Timofej Sergejzew in der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Nowosti.

Beim Autor der Publikationen handelt es sich um keinen Unbekannten: Sergejzew beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der Ukraine. Insbesondere wird ihm das 2004 im damaligen ukrainischen Präsidentschaftswahlkampf formulierte Konzept von "drei Sorten von Ukrainern" zugeschrieben. Laut diesem Konzept gibt es gute pro-russische Ukrainer, pro-ukrainische Ukrainer, die wieder pro-russisch umerziehbar sind, und jene Ukrainer, bei denen dies nicht mehr möglich ist. 2012 schrieb er zudem das Drehbuch für den propagandistischen Spielfilm "Match", wo die "drei Sorten" am Beispiel eines historischen Fußballspiels im von Nazis besetzten Kiew holzschnittartig illustriert wurden. Die seit Kriegsbeginn von Putin geforderte "Denazifizierung" der Ukraine steht sichtlich im Kontext des Konzepts.

Sergejzew zählt wie der stellvertretende Leiter der russischen Präsidentschaftskanzlei, Sergej Kirijenko, zudem zur Gruppierung der "Methodologen". Die Rede ist von einer philosophischen Strömung aus der Sowjetzeit, die insbesondere bei russischen Spindoktoren, sogenannten "Polittechnologen", großen Einfluss genießt. In Form eines nach dem Philosophen und "Methodologie"-Mitbegründers Aleksandr Sinowjew (1922-2006) benannten Klubs bei RIA Nowosti gab es in den vergangenen Jahren auch eine offizielle Plattform für Vertreter dieser Gruppierung.

In seinem aktuellen Manifest erklärte Sergejzew, dass "Ukrnazismus" für Russland und die Welt eine größere Gefahr als der deutsche Nazismus Hitlerscher Prägung darstelle, und begründete damit die Notwendigkeit der "Denazifizierung" der Ukraine. Um Erfolg zu haben, müsste zumindest eine ganze Generation auf die Welt kommen und unter den Bedingungen der "Denazifizierung" aufwachsen. Auch die "Nazifizierung" des Landes habe länger als 30 Jahre gedauert und mit der politischen Legalisierung des ukrainischen Nationalismus zumindest 1989 begonnen, begründete er.

Westen "Planer, Quelle und Sponsor" des Nazismus

Der "kollektive Westen" sei dabei als Planer, Quelle und Sponsor des Nazismus in der Ukraine aufgetreten, die Anhänger des Nationalistenführers Stepan Bandera (1909-1959) im Westen der Ukraine hätten lediglich als eines der Werkzeuge in diesem Prozess fungiert, erläuterte Sergejzew in dem Text vom Sonntag. Freilich müssten die führenden Bandera-Anhänger liquidiert werden, da ihre Umerziehung unmöglich sei. Eine "Debanderisierung" reiche aber nicht, eine "Denazifizierung" bedeute unausweichlich auch eine "Deeuropäisierung".

Nötig sei aber auch eine "Deukrainisierung" und die Absage an ein zu sowjetischen Zeiten begonnenes Forcieren der ethnischen Selbstidentifikation in den historischen Regionen Klein- und Neurussland. Unter anderem regte Sergejzew die Beschlagnahmung von Lehrbüchern und das Verbot von Bildungsprogrammen an, in denen "ideologische Elemente des Nazismus" vorkämen.

Sergejzew sei der Philosoph des Verbrechens von Butscha, kommentierte am Montag der bekannte russische Kulturwissenschafter Gassan Gussejnow auf Facebook. Sergejzew habe erklärt, dass die Russische Föderation die Ukraine, ihren Namen und einen beträchtlichen Teil ihrer Bevölkerung vernichten müsse, schrieb er. "Das was in Butscha passiert ist, erweist sich als Durchführung dieses staatlichen russischen Programms auf einem konkreten Frontabschnitt, erläuterte Gussejnow.
 

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