Lage spitzt sich zu

Moldau zittert vor russischem Einmarsch

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Die russische Regierung droht nach Berichten über Anschläge im abgespaltenen Moldauer Landesteil Transnistrien indirekt mit einem Einmarsch in der Region.  

Russland wolle nach Angaben des russischen Außenministeriums ein Szenario vermeiden, in dem es gezwungen sei, in Transnistrien zu intervenieren, berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA am Dienstag, ohne nähere Details zu nennen.

Das ukrainische Militär hat vor einer Aktivierung russischer Truppen in der selbst ausgerufenen Republik Transnistrien in Moldau gewarnt. "Die Einheiten der russischen Streitkräfte sind in volle Gefechtsbereitschaft versetzt worden", hieß es in einem am Dienstagabend auf Facebook veröffentlichten Bericht des ukrainischen Generalstabs. Zudem seien auch die Sicherheitskräfte der moldauischen Separatisten in erhöhte Bereitschaft versetzt worden.

Abtrünnige Region

Zuvor hatte sich die Regierung in Moskau besorgt über Anschläge auf zwei Sendemasten noch aus Sowjetzeiten in der von der Republik Moldau abgespaltenen Region gezeigt. Im Westen wurden damit Sorgen angefacht, Russland könne wie im Fall der Ukraine mit Verweis auf angebliche Bedrohungen in unter ihrem Schutz stehender Landesteile einen militärischen Einsatz starten.

In Transnistrien sind seit dem Ende der Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre russische Soldaten stationiert. Mit ihrer Unterstützung konnte sich die Region von der Republik Moldau abspalten, nachdem diese Ende 1990 die Sowjetunion verlassen hatte. Von Transnistrien aus könnte Russland auch die nahegelegene ukrainische Hafenstadt Odessa angreifen. Moldau hat im Zuge des Ukraine-Kriegs zahlreiche Flüchtlinge aufgenommen.

Vorwand für Eingreifen

Den Vorwand für ein russisches Eingreifen könnte eine angeblich von Rumänien geplante Aggression liefern. So behauptete Sergej Markow, ein russischer Politologe und früherer Berater von Kreml-Chef Wladimir Putin, in der Montag-Ausgabe der russischen Tageszeitung "Prawda", Rumänien wolle das Nachbarland Moldau "mithilfe der NATO und unter Mitwirkung der ukrainischen Armee annektieren" und entsprechend auch "Transnistrien angreifen", um anschließend hart "gegen die russischsprachigen Einwohner" durchzugreifen.

Davor hatten bereits zwei Separatistenchefs aus dem Donbass, Igor Strelkow und Denis Puschilin, behauptet, über Pläne des NATO-Staats Rumänien bezüglich einer Annektierung der Moldau unterrichtet zu sein. Infolge der jüngsten Explosionen in Transnistrien forderte Puschilin, das sogenannte "Oberhaupt" der "Donezker Volksrepublik", nun die russischen Behörden auf, ihre militärische "Sonderoperation" nicht nur auf die Ukraine zu beschränken, sondern umgehend auch auf Transnistrien auszuweiten.

Moldau besorgt

Nachdem die transnistrischen Separatisten ihrerseits "Terrorattacken" auf das abtrünnige Gebiet beklagt hatten, sprach Kreml-Sprecher Dmitiri Peskow am Dienstag von einer "beunruhigenden" Lage vor Ort, Moskau werde deren Entwicklung aufmerksamst beobachten.

Die Behörden in Chisinau stellten indes klar, dass es sich bei den drei seit Montagabend in Transnistrien erfolgten Explosionen, die lediglich Sachschäden zur Folge hatten, um eine offenkundige "Provokation" und einen "Angriff unter falscher Flagge" handelt – Russland wolle damit Panik schüren und Vorwände schaffen, um das Separatistengebiet in den Ukraine-Krieg miteinzubeziehen.

Staatspräsidentin Maia Sandu sagte am Dienstagnachmittag nach einer von ihr einberufenen Dringlichkeitssitzung des Obersten Sicherheitsrates, dass Transnistrien nach wie vor zur Republik Moldau gehöre und letztere stets bestrebt sei, auf Deeskalation zu setzen und Konflikte zu vermeiden. Sandu hob zudem hervor, dass Chisinau keineswegs beabsichtige, Transnistrien abzuriegeln - aus dem abtrünnigen Gebiet flüchten die Einwohner zurzeit nämlich massiv aus Angst vor unmittelbar bevorstehenden Kriegshandlungen.

Die Ereignisse in Transnistrien gleichen der Eskalation vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine. Die russische Regierung hatte zunächst ohne Belege auf Zwischenfällen in den selbst ernannten, prorussischen Volksrepubliken Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine verwiesen. Diese sollen nach russischer Darstellung von ukrainischen Kräften provoziert worden sein, was die Regierung in Kiew wiederholt zurückwies.

Den eigentlichen Einmarsch rechtfertigte Präsident Wladimir Putin unter anderem mit der unbelegten Behauptung, in beiden Regionen müsse ein Völkermord verhindert werden. Die am 24. Februar begonnene Invasion der Ukraine bezeichnet er als militärischen Sondereinsatz, der der Demilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine sowie dem Schutz Russlands diene. Die Ukraine und der Westen dagegen sprechen von einem nicht provozierten Angriffskrieg.
 

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