Papst Franziskus ist bereit, nach Moskau zu reisen, um den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu treffen und ihn zu Friedensverhandlungen zu überreden.
Eine Reise nach Kiew komme dagegen für ihn derzeit nicht infrage, betonte der Heilige Vater im Interview mit Luciano Fontana, dem Chefredakteur der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" (Dienstagsausgabe).
"Nach 20 Tagen Krieg habe ich (den vatikanischen Staatssekretär) Kardinal Pietro Parolin gebeten, Putin die Botschaft zu übermitteln, dass ich bereit bin, nach Moskau zu reisen. (...) Wir haben noch keine Antwort erhalten und warten weiterhin darauf, obwohl ich befürchte, dass Putin zu diesem Zeitpunkt nicht zu diesem Treffen kommen kann und will. Aber wie kann man eine solche Brutalität sonst stoppen?", so Franziskus.
Auf die Frage, ob er eines Reise in die Ukraine plane, antwortete Franziskus: Er habe zwei Kardinäle zu Sondierungen in die Ukraine geschickt. "Aber ich habe das Gefühl, dass ich nicht in die Ukraine fahren soll. Ich muss zuerst nach Moskau fahren, ich muss erst Putin treffen. Aber ich bin auch ein Priester, was kann ich tun? Ich tue, was ich kann. Wenn Putin die Tür öffnen würde...".
Franziskus erklärte, er habe 40 Minuten lang per Zoom mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill gesprochen. "In den ersten 20 Minuten las er mir alle Rechtfertigungen für den Krieg vor. Ich hörte zu und sagte: 'Ich verstehe das alles nicht. Bruder, wir sind keine Staatskleriker, wir können nicht die Sprache der Politik verwenden, sondern die von Jesus. Wir sind Hirten desselben heiligen Volkes Gottes. Deshalb müssen wir nach Wegen des Friedens suchen und das Feuer der Waffen einstellen.' Ein Patriarch kann nicht zu Putins Messdiener werden."
"Ich hatte für den 14. Juni (2022) ein Treffen mit Kyrill in Jerusalem vereinbart. Es wäre unser zweites persönliches Treffen gewesen, es hätte nichts mit dem Krieg zu tun gehabt. Aber jetzt stimmt sogar Kyrill zu: 'Lassen wir es bleiben, dieses Treffen könnte ein zweideutiges Signal sein.'", ergänzte Franziskus.
Der Papst betonte, bei seinem Treffen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban im April habe dieser ihm gesagt, dass die Russen den Krieg am 9. Mai (Jahrestag der Kapitulation Hitler-Deutschlands im Zweiten Weltkrieg, Anm.) beenden wollten. "Ich hoffe, dass dies der Fall ist, damit könnte man auch die Eskalation dieser Tage verstehen. Denn jetzt geht es nicht nur um den Donbass, sondern auch um die Krim, um Odessa, darum, der Ukraine den Hafen am Schwarzen Meer wegzunehmen. Ich bin ein Pessimist, aber wir müssen alles tun, um den Krieg zu beenden", so der Papst.
Die Frage, ob es richtig sei, die Ukrainer mit Waffen zu beliefern, könne er nicht beantworten, sagte das Kirchenoberhaupt. "Klar ist nur, dass in der Ukraine Waffen getestet werden. Die Russen wissen jetzt, dass Panzer wenig nützlich sind und denken an andere Dinge. Deshalb werden Kriege geführt: Um Waffen zu testen, die wir produziert haben. So war es auch im Spanischen Bürgerkrieg vor dem Zweiten Weltkrieg. Der Waffenhandel ist ein Skandal, den nur wenige bekämpfen", erklärte der Papst.