Die örtliche Verwaltung machte in der Nacht auf Donnerstag Russland für die zivilen Opfer verantwortlich.
Kiew (Kyjiw)/Moskau. Durch Beschuss sind in der Region Charkiw ukrainischen Angaben zufolge mindestens drei Menschen getötet und sechs verletzt worden. Die örtliche Verwaltung machte in der Nacht auf Donnerstag Russland für die zivilen Opfer verantwortlich. Zwei der sechs Verwundeten seien schwer verletzt, teilte der regionale Militärchef Oleg Synegubow mit. Das russische Militär habe Artillerie und Mörser eingesetzt. Die ukrainische Armee halte die Stellung und füge dem "Feind" Verluste zu.
Mehrere Russen seien gefangen genommen worden, hieß es. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig geprüft werden. Präsident Wolodymyr Selenskyj würdigte unterdessen die pro-ukrainische Protestkundgebung im eroberten Cherson, die nach Angaben des ukrainischen Generalstaatsanwalts von russischen Kräften mit Tränengas und Blendgranaten aufgelöst wurde. "Ich bin allen dankbar, die nicht aufgegeben haben, die protestieren, die die Besatzer ignorieren und den wenigen Menschen, die zu Kollaborateuren geworden sind, zeigen, dass es für sie keine Zukunft gibt", so Selenskyj.
Serie schwerer Explosionen
Kurz nach seiner Ansprache meldete die Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf Sicherheitskreise, die Ukraine habe am Mittwochabend drei Raketen auf den Südteil der Stadt abgefeuert, zwei davon seien von russischen Besatzungstruppen abgeschossen worden. Ein RIA-Korrespondent vor Ort hatte zuvor von einer Serie schwerer Explosionen in der Nähe des Fernsehzentrums berichtet.
In der Region Sumy berichtete die lokale Verwaltung über mehr als 50 Einschüsse von Mörsern. Von Opfern sei nichts bekannt, so ein Behördensprecher. Auch aus Mykolajiw wurden Angriffe gemeldet. In der Nähe von Odessa schoss die Luftabwehr eine russische Spionagedrohne über dem Schwarzen Meer ab, wie die ukrainische Armee mitteilte.
Der Ukraine stehen nach Worten von Verteidigungsminister Oleksij Resnikow "extrem schwierige Wochen" bevor. Russland habe Truppen für eine "großangelegte Offensive im Osten der Ukraine" zusammengezogen und werde "versuchen, so viel Leid wie möglich zuzufügen", postete Resnikow auf Facebook.
Angriffe im Osten und Süden verstärkt
Mehr als zwei Monate nach dem Beginn des Angriffskrieges hat die russische Armee zuletzt ihre Angriffe im Osten und Süden der Ukraine verstärkt. Kiew räumte ein, dass die russischen Streitkräfte im Osten vorgerückt seien und mehrere Dörfer im Donbass eroberten hätten.
Russland protestierte indes gegen die Weitergabe von Hubschraubern aus russischer Produktion an die Ukraine durch die USA. Der Vertrag von 2011 lege fest, dass die Hubschrauber für Afghanistan vorgesehen seien und nur mit russischer Zustimmung an andere Länder weitergegeben werden dürften, teilte die für militärtechnische Zusammenarbeit zuständige russische Behörde FSWTS der Agentur Interfax zufolge mit. Eine Belieferung der Ukraine sei rechtswidrig und eine grobe Vertragsverletzung.
USA: Elf weitere Hubschrauber für Kiew
Vor Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar hatten die USA der Ukraine bereits fünf der ursprünglich für Afghanistan bestimmten Hubschrauber vom Typ Mi-17 überlassen. Mitte April kündigte Washington schließlich an, Kiew elf weitere Hubschrauber zu schicken. Die USA hatten die Maschinen russischer Bauart zunächst für die afghanischen Streitkräfte angeschafft, es kam jedoch wegen der Machtübernahme durch die Taliban nicht zu einer Übergabe.
Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki dringt bei der EU auf Hilfen für die Aufnahme von Geflüchteten. Sein Land versorge verwundete Soldaten aus der Ukraine und beherberge "2,5 Millionen Flüchtlinge, für die wir Polen unsere Türen und Herzen geöffnet haben. Dafür brauchen wir Geld", sagte Morawiecki der "Bild"-. Doch für die Versorgung der Geflüchteten habe die EU "bisher keinen Cent gezahlt". Polen wolle eine faire Behandlung: "Die Türkei wurde bei der letzten Flüchtlingswelle mit Milliarden unterstützt. Ich denke: Auch wir haben jetzt EU-Hilfe verdient."