Ursula von der Leyen

Ursula von der Leyen

Aufstand gegen die neue EU-Chefin

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Die Diskussion über Von der Leyen-Nachfolge hat begonnen

Nach dreitägigem Ringen präsentierten Angela Merkel, Emmanuel Macron und Pedro Sánchez am Dienstag ein völlig neues Paket für 
die EU-Topjobs. Am Nachmittag schienen sich zumindest die konservative Kanzlerin Deutschlands, der liberale Präsident Frankreichs und der sozialdemokratische Premier Spaniens auf die erste Frau als Kommissionspräsident geeinigt zu haben.

Nach diesem Vorschlag sollte nun plötzlich Deutschlands Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen EU-Kommissionspräsidentin wer­den. Die Deutsche wäre ein Zugeständnis an Merkel, die dafür auf einen EVP-Präsidenten Manfred Weber verzichten würde.

Trotz des angekündigten Widerstands einiger Parteigranden – sowohl konser­vativer als auch sozialdemokratischer – aus mehreren EU-Staaten blieb das Trio knallhart. Und dann ging es Schlag auf Schlag: Nach einer dramatischen Pokerrunde – gegen 18.30 Uhr wurde sogar noch die Sitzung der Regierungschefs unterbrochen – war es um 19.12 Uhr so weit: Luxemburgs Premier Xavier Bettel trat vor die Presse, um zu verkünden, dass mit Ursula von der Leyen erstmals eine Frau EU-Kommissionspräsident werde. Nur Minuten davor hatte der eigentliche Sieger der EU-Wahl, CSU-Mann Manfred Weber, freiwillig auf die Spitzenkandidatur verzichtet.

Irre: Merkel war einzige Stimmenthaltung

Die eigentliche Abstimmung war letztlich glasklar: Es gab nur eine Stimmenthaltung, ausgerechnet von Angela Merkel – die Kanzlerin konnte aus Rücksicht auf den taumelnden Koalitionspartner SPD, der Von der ­Leyen vehement ablehnt, nicht mitstimmen. Das Paket hielt dennoch: Im Gegenzug konnte Macron Belgiens liberalen Premier Charles Michel als EU-Ratspräsidenten erhalten, und die französische IWF-Chefin Christine Lagarde wird Chefin der Europäischen Zentralbank.

Angela Merkel hat jedenfalls mit der Wahl ihrer ­engsten Vertrauten, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (60), ihren wohl letzten großen Coup auf europäischer Ebene vor dem Abschied aus dem Amt geschafft. Die siebenfache Mutter muss nun noch die Hürde der Wahl durch das EU-Parlament nehmen – und dabei wird es nochmals ex­trem spannend.

Merkel und von der Leyen
© John MACDOUGALL / AFP
Von der Leyen gilt als eine der engsten Vertrauten Merkels

Sozialdemokraten planen Aufstand im Parlament

Denn am 16. Juli stimmt das EU-Parlament über Von der Leyen ab – und da werden die Sozialdemokraten heftig opponieren. Andreas Schieder (SPÖ) nennt sie „einen schlechten Vorschlag, den wir nicht akzeptieren“.

Vilimsky: Ratsnominierungen "besorgniserregend"

 
Als "sehr besorgniserregend" hat der FPÖ-Generalsekretär und freiheitliche Delegationsleiter, Harald Vilimsky, die Nominierung des Europäischen Rates für die EU-Top Jobs bezeichnet.
 
"Mit Ursula von der Leyen als mögliche Kommissionspräsidentin wird ein verlängerter Arm Merkels nach Brüssel beordert, die, zusammen mit ihrer potenziellen EZB-Präsidentin, Christine Lagarde, die utopischen Wünsche des gescheiterten französischen Präsidenten Macron durchboxen will", meinte Vilimsky am Dienstag in einer Aussendung.
 
Er befürchtet ein Bündnis zwischen Paris, Berlin und Brüssel, welches ein Nachteil für kleinere Länder wie Österreich ist. "Ich gehe davon aus, dass Vorhaben wie die Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips oder die Einführung einer Finanztransaktionssteuer nun Realität werden und dadurch Österreich an Mitbestimmung deutlich einbüßen wird", so der freiheitliche EU-Abgeordnete.
 
Vilimsky kritisiert vor allem, dass das System des Spitzenkandidaten durch diese Entscheidung gescheitert ist und "man den Wähler wieder einmal zum Narren gehalten" habe. "Wenn man hier schon so großspurige Versprechen macht, sollte man sich auch an diese halten. Stattdessen kommt die alte Brüsseler Hinterzimmerpolitik wieder zum tragen", sagte Vilimsky. Die FPÖ wird jedenfalls keinen der nominierten Kandidaten unterstützen.

Siebenfache Mutter soll bald in Brüssel kommandieren

Für Ursula von der Leyen (60) ist der Wechsel an die Spitze der EU-Kommission eine Heimkehr, ist sie doch geborene Brüsselerin.

Die siebenfache Mutter galt fast ein Jahrzehnt lang als „Kronprinzessin“ und „Geheimwaffe“ Angela Merkels – in den größten Krisen musste sie aufräumen, so etwa 2013, als sie ins skandalgebeutelte Heeresministerium wechseln musste.

Das Aufräumen misslang hier ziemlich: Nach zwei tödlichen Luftunfällen und Serien von Affären stand sie zuletzt in Berlin unter Druck – die ehemalige Hoffnungsträgerin musste zusehen, wie sie ihre Loyalität zu Merkel letztlich ums Kanzlerinnen-Erbe brachte. Ins Rennen um den EU-Topjob kam sie dennoch durch ihr Ressort: Macron ist dankbar für ihre tätige Hilfe beim neuen EU-Kampfjet.

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