Es dürfte auf jeden Fall schlechter für Großbritannien werden. Aber EU dürfte auch nicht ungeschoren davonkommen.
Die "schmerzhafte" Woche zum Brexit könnte am morgigen Dienstag eine Vorentscheidung in Großbritannien bringen. Sollte gegen die britische Premierministerin Theresa May ein Misstrauensantrag mit Hilfe von Politikern ihrer eigenen Partei durchgehen, wäre nicht nur das Schicksal der "Dancing Queen" besiegelt, sondern auch der von ihr ausgehandelte EU-Ausstiegsdeal hinfällig.
Auch EU wird leiden
Wer dann aus einem weiteren ABBA-Song "the winner takes it all" singen kann, ist fraglich. Eher könnte dann das Motto "the loser bears it all" zum Tragen kommen. Mit dem Austritt aus der EU wird es auf jeden Fall schlechter für Großbritannien, heißt es in EU-Ratskreisen. Allerdings dürfte auch die EU nicht ungeschoren davonkommen. Allein dadurch, dass mit dem Austritt die EU insgesamt schwächer wird, nicht nur wirtschaftlich, sondern vor allem auch außenpolitisch.
May's Weg wäre für EU mit weniger Verlusten verbunden, 2 Jahre länger Geld für EU
Bei dem von der EU mit May ausgehandelten Papier wäre aber die Europäische Union der kleinere "Loser". Dieser Eindruck sowie die am Montag von EU-Chefverhandler Michel Barnier in den Raum gestellte Verlängerung einer Übergangszeit nach dem Austritt der Briten am 29. März 2019 könnten die Hardliner innerhalb der britischen Regierung und der Tories weiter stärken. Denn eine längere Übergangszeit - statt Ende 2020 dann bis Ende 2022 - würde auch bedeuten, dass die Briten zwei Jahre länger Geld an die EU abführen müssten und auch länger die EU-Regeln zu befolgen haben. Was wiederum die Wut von manchen auf der britischen Seite als "Vasallenstaat" der EU vergrößern würde.
Blümel: die anderen 27 Staaten geeint
Von dem Beginn einer "schmerzhaften Woche" zum Brexit hatte Montag früh Österreichs EU-Minister und Ratsvorsitzender Gernot Blümel (ÖVP) gesprochen. Gleichzeitig unterstrich er, dass die anderen 27 in ihrer Haltung geeint "wie ein Mann" seien. Die Scheidungspapiere lägen auf dem Tisch, es handle sich um den "bestmöglichen Kompromiss".
Briten mehr zu verlieren als EU
In London brodelte es am Montag unterdessen weiter. So haben laut der Boulevardzeitung "Sun" schon 42 von 48 nötigen Tory-Abgeordneten ein Misstrauensvotum beantragt. Darüber hinaus sollen weitere Regierungsmitglieder mit Rücktritt drohen, wenn das Brexit-Abkommen nicht nachverhandelt wird. Vor allem werden Nachbesserungen am "Backstop" gewünscht. Dabei geht es um die Grenzfrage Irland/Nordirland. Vorgesehen ist, dass Großbritannien als Ganzes in der EU-Zollunion bleibt, bis beide Seiten entscheiden, dass dies nicht mehr notwendig ist. Die Briten, die die EU und damit die Zollunion verlassen wollen, könnten aber damit einseitig von der Union durch ein Veto daran gehindert werden. Auch das wird in EU-Ratskreisen als Zeichen dafür gewertet, dass die Briten mehr zu verlieren haben als die EU.
Dienstag ist entscheidend
Offen ist, was passiert, wenn May das mögliche Misstrauensvotum verliert und entweder eine neue Regierung oder Neuwahlen kommen. Unabhängig davon dürfte der EU-Sondergipfel zum Brexit kommenden Sonntag in Brüssel stattfinden. Auch im Fall eines Chaos in Großbritannien könnten die Staats- und Regierungschefs der EU sich dann für den Fall eines vertragslosen Ausstiegs der Briten, samt sämtlicher Unsicherheiten für beide Seiten, vorbereiten. Vorgesehen ist, dass die 27 Länderchefs das Brexit-Dokument absegnen und dann May dazu kommt. Was konkret passiert, wenn May am Dienstag abgesetzt wird, ist unklar.