Frankreich

Arzt lag gefesselt vor Gericht

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Der deutsche Mediziner wurde Opfer eines Racheaktes.

Ein unbekannter Rächer hat einen deutschen Arzt entführt, dem in Frankreich wegen fahrlässiger Tötung eine mehrjährige Gefängnisstrafe droht, und vor einem Gerichtsgebäude im Elsass abgelegt. Der 74 Jahre alte Dieter K. sei am Sonntag unweit des Justizgebäudes von Mülhausen gefesselt auf der Straße gefunden worden, hieß es in Ermittlerkreisen am Montagabend.

Zwei Tage nach der Entführung wurde ein Geiselnehmer gefasst. Der Mann habe seine Beteiligung an der Tat gestanden, sagte der Staatsanwalt von Mülhausen, Jean-Pierre Alacchi, am Dienstagabend. Die Justiz habe unterdessen erste Ermittlungen gegen den Vater eines getöteten Mädchens aufgenommen, der als Drahtzieher der Entführung verdächtigt wird. Der 74-Jährige streite die Tat ab, gebe aber zu, dass er den deutschen Arzt von Privatdetektiven beschatten ließ. Er habe zudem mit den Entführern des Kardiologen telefonischen Kontakt gehabt.

Auslieferung abgelehnt
Ein Pariser Strafgericht hatte K. 1995 in Abwesenheit wegen fahrlässiger Tötung zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Dem Kardiologen wurde vorgeworfen, seiner 14-jährigen Stieftochter Kalinka Bamberski 1982 in Lindau eine tödliche Injektion verabreicht zu haben. Laut dem leiblichen Vater wollte K. das Mädchen betäuben, um es zu vergewaltigen. Die deutsche Justiz lehnte jedoch die Auslieferung von K. an Frankreich ab, weil sich aus ihrer Sicht die Todesursache nicht klar feststellen ließ. Ein Verfahren gegen K. in Deutschland wegen des Todesfalls wurde 1982 eingestellt.

"Gerechtigkeit für Kalinka"
K. sei bei seiner Entdeckung verletzt und gefesselt gefunden worden, hieß es aus Justizkreisen. Er wurde ins Krankenhaus gebracht und anschließend in Polizeigewahrsam genommen. Der anonyme Anrufer habe einen starken russischen Akzent gehabt. Der leibliche Vater des Mädchens, Andre B., wurde festgenommen. Der in Südfrankreich lebende B. hatte sich am Wochenende in Mülhausen aufgehalten. Die Polizei durchsuchte daraufhin sein Haus in Pechbusque bei Toulouse, wie Robert Pince von der von B. gegründeten Organisation "Gerechtigkeit für Kalinka" sagte.

"Natürlich" verdächtige er Andre B., dass er Dieter K. nach Frankreich bringen wollte, sagte Pince: "Er kämpft seit 25 Jahren und er hat vielleicht das Gefühl gehabt, dass die Affäre im Sande verläuft." B. sei ein "sehr frommer Mann". "Er sucht keine Rache, sondern Gerechtigkeit." Es sei aber zu fürchten, dass K. jetzt wieder nach Deutschland abgeschoben werde, obwohl es einen Haftbefehl gegen ihn gebe.

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