Erstmals wurde im Fernsehen ein Kannibale interviewt. Armin Meiwes verspeiste eine Leiche. Im TV erzählte er von der Untat.
Es war einer der spektakulärsten Kriminalfälle der letzen Jahre, der weltweit schockierte und ausgewiesene Experten bis heute beschäftigt. Warum tötete der Computertechniker Armin Meiwes aus Wüstefeld bei Rotenburg am 10. März 2001 den Diplom Ingenieur Bernd Brandes und verspeiste später seine Leiche? Und warum hatte das Opfer ausdrücklich den Wunsch geäußert, auf solch grausame Art getötet und einverleibt zu werden?
Akribische Planung
In dem "Extra"-Spezial "Der
Kannibale von Rotenburg" erzählte Armin Meiwes erstmalig ausführlich
von seinem Leben, warum er auf diese grausame Art tötete und wie akribisch
und zielgerichtet er bei der Planung vorging.
Der Autor Günter Stampf führte die Interviews mit Genehmigung des Oberlandesgerichts Frankfurt im Hochsicherheitsgefängnis Kassel. Hier verbüßt der Mann, der als „Kannibale von Rotenburg“ Kriminalgeschichte schrieb, eine lebenslange Haftstrafe wegen "Mordes" und "Störung der Totenruhe". Meiwes hatte die gesamte Schlachtung mit seiner Videokamera gefilmt.
Erstmalig drehte ein Kamerateam am Tatort. Der Gutshof Wüstefeld gilt mit seinen 2000 Quadratmetern Wohnfläche und 36 Zimmern heute als "Horrorhaus von Rotenburg". Private Fotos und Urlaubsfilme skizzierten einen Eindruck von der Person Armin Meiwes, und halfen, das Unfassbare greifbarer zu machen. Der Autor wertete psychiatrische Gutachten, Ermittlungsakten sowie die Gerichtsurteile aus – und enthüllte dabei bislang unbekannte Details.
Laut Experten handelt es sich um ein ernst zu nehmendes Phänomen unserer Zeit, dass es zu thematisieren gilt und dem sich die Gesellschaft stellen muss.
Auszüge aus dem Interview von Günter Stampf mit Armin Meiwes:
"Ich habe für mich die Vorstellung, dass derjenige, den ich esse, für immer bei mir bleibt. Es geht dabei nicht um das Töten oder Schlachten. Es geht darum, eine innere Verbindung einzugehen. Mir ging es immer darum, einen ‚Bruder’ zu finden, den ich mir einverleiben kann. Angefangen hat diese Sehnsucht bei mir schon als Kind. Ich war zehn oder elf Jahre alt. Er (Bernd Brandes) musste sein Leben aufopfern, um dann nach meiner Vorstellung in mir weiterleben zu können."
Meiwes über die Tat selbst:
"Das, was man sich in
Gedanken in den schönsten Farben ausmalt, ist in der Realität grundsätzlich
anders. Die Tötung von Bernd Brandes war ja auch schrecklich."
Über die Kannibalen-Foren und wie sein Wunsch zur Realität wurde:
"Die Internetforen haben mich süchtig gemacht. Wir haben uns immer weiter und weiter in unsere Fantasien vom Fressen und Gefressenwerden hineingesteigert."
"Es gibt zigtausende Menschen, die leben in dieser Fantasie-Welt. Und wenn nur einer davon den Mut hat, das nicht zu tun, dann ist das schon mal ein großer Erfolg"
Auszüge aus den Experten-Interviews:
Dr. Thomas Müller, Kriminalpsychologe:
"In der Gedankenwelt von Armin Meiwes ist das, was er getan hat, normal. Deshalb spricht er über die Details der Tat so wie andere Leute über ihren letzten Urlaub."
Gisela Friedrichsen, Gerichtsreporterin DER SPIEGEL
„Ich habe den Eindruck, dass die Leute bei den Gefahren des Internets einfach wegschauen.“
Prof. Dr. Dr. Klaus M. Beier, Direktor des Sexualmedizinischen Institutes an der Berliner Charité:
„Ich begrüße es, dass über den Kriminalfall Armin Meiwes hinaus jetzt Fragestellungen zur Sprache kommen, die für unsere Gesellschaft Bedeutung haben.“