Das Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation "Sea-Watch" legte mit 40 Migranten an Bord in Lampedusa an.
Lampedusa. Nach mehr als zwei Wochen auf offener See hat das Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch mit 40 Migranten an Bord im Hafen der italienischen Insel Lampedusa angelegt. Die Kapitänin der "Sea Watch 3", Carola Rackete, wurde nach dem Anlegen von der italienischen Polizei festgenommen.
Zunächst war unklar, ob und wann die Migranten von Bord gehen könnten, so Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer. Inzwischen haben sie laut dpa das Rettungsschiff verlassen. Die „Sea-Watch 3“ wurde beschlagnahmt. Neben den Migranten sind 22 Besatzungsmitglieder und mehrere italienische Abgeordnete auf dem Schiff.
Kapitänin Rackete war Mitte der Woche trotz Verbots der italienischen Regierung in die Hoheitsgewässer des Landes gefahren. "Ich fahre in italienische Gewässer und ich bringe sie (die Migranten) in Sicherheit auf Lampedusa", hatte sie betont. Laut Sea-Watch haben sich vier Länder - Deutschland, Portugal, Frankreich und Luxemburg - bereit erklärt, Migranten von dem Schiff aufzunehmen.
"Wir sind stolz auf unsere Kapitänin"
Die Organisation twitterte am Samstag früh, man habe vor fast 60 Stunden den Notstand ausgerufen. "Niemand hörte uns zu. Niemand übernahm Verantwortung. Einmal mehr ist es an uns, die 40 Geretteten in Sicherheit zu bringen." Sea-Watch-Geschäftsführer Johannes Bayer lobte Rackete: "Wir sind stolz auf unsere Kapitänin, sie hat genau richtig gehandelt. Sie hat auf dem Seerecht beharrt und die Menschen in Sicherheit gebracht", schrieb er auf Twitter.
???? Statement of our Captain, #CarolaRackete, before entering Port with the #SeaWatch3.
— Sea-Watch International (@seawatch_intl) June 29, 2019
“We are proud of our captain, she did exactly the right thing. She upheld the law of the sea and brought people to safety." – #SeaWatch chairman Johannes Bayer pic.twitter.com/lfZ16Pq9F1
Am Freitag hatte die italienische Staatsanwaltschaft gegen Rackete Ermittlungen eingeleitet. Vorgeworfen werden ihr unter anderem Beihilfe zur illegalen Einwanderung und Verletzung des Seerechts.
Wohin mit den Flüchtlingen?
Die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete, ein italienisches Zollboot habe versucht, das Rettungsschiff vom Anlegen abzuhalten, es hätte dann aber ausweichen müssen. Neugebauer sagte, man habe die Hafenpolizei informiert, dass das Schiff in den Hafen der sizilianischen Insel fahren werde. "Die Menschen an Bord sind völlig erschöpft und verunsichert." Nun sei man erleichtert, den Hafen erreicht zu haben. Die Menschen sollten schnellstmöglich von Bord an Land und in Sicherheit gebracht werden.
Die "Sea Watch 3" hatte am 12. Juni vor der libyschen Küste insgesamt 53 Menschen gerettet. 13 von ihnen wurden unter anderem aus medizinischen Gründen bereits in den vergangenen Tagen nach Lampedusa gebracht. Seit gut zwei Wochen wartet die Organisation vergeblich auf eine Erlaubnis, in einen europäischen Hafen zu fahren.
Seit Jahren streiten die EU-Länder über einen Mechanismus zur Verteilung der Bootsflüchtlinge. Italiens rechtspopulistischer Innenminister Matteo Salvini verlangte nun konkrete "Garantien" der aufnahmebereiten Länder, bevor die Menschen von Bord des Schiffes gehen dürften. Daneben sei die Regierung "entschlossen", gegen jeden vorzugehen, der die Gesetze gebrochen habe.
Kapitänin unter Hausarrest auf Lampedusa
Die Kapitänin des Flüchtlings-Rettungsschiffes "Sea-Watch 3", Carola Rackete, wird vorerst auf Lampedusa unter Hausarrest gestellt. Die Deutsche gab eine Wohnung auf Lampedusa als Domizil an, wie italienische Medien berichteten.
Der 31-jährigen Kapitänin drohen zwischen drei und zehn Jahren Haft, weil sie Gewalt angewendet habe, um das Schiff in den Hafen von Lampedusa zu bringen. Ihr wird auch Beihilfe zur illegalen Einwanderung vorgeworfen. Das Schiff soll beschlagnahmt werden. Der Kapitänin und der deutschen NGO Sea-Watch droht eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro.
Die italienische Regierung hatte vor zwei Wochen ein umstrittenes Sicherheitsdekret beschlossen, wonach Kapitäne, Eigentümer und Betreiber von Flüchtlingsschiffen mit bis zu 50.000 Euro Strafe sowie mit der strafrechtlichen Verfolgung wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung sowie mit Beschlagnahme der Schiffe rechnen müssen, wenn für die Einfahrt in die italienischen Hoheitsgewässer keine Genehmigung vorliegt.
Luxemburgs Außenminister fordert Racketes Freilassung
Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hat seinen italienischen Kollegen Enzo Moavero Milanesi aufgefordert, sich für die Freilassung der deutschen Kapitänin Carola Rackete einzusetzen. In einem über Facebook verbreiteten offenen Brief an Milanesi schrieb Asselborn, die Kapitänin der "Sea Watch 3" habe sich "in der Pflicht befunden, 40 Migranten nach Lampedusa zu bringen".
"Menschenleben zu retten, ist eine Pflicht und sollte niemals ein Delikt oder ein Verbrechen sein", schrieb Asselborn, dienstältester Außenminister der EU. "Im Gegenteil: Jemanden nicht zu retten, ist ein Verbrechen." Luxemburg werde weiterhin mit Italien solidarisch sein, wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen gehe.