Bolivar Arellano

"Lieber Gott, bitte gib ihnen Flügel"

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Höllenqualen. Bolivar Arellano, 69-jähriger Fotograf der "New York Post", starrte auf die Menschen, als sie über 400 Meter den Nordturm hinunter in den Tod sprangen.

„Lieber Gott”, flehte er dann, „bitte gib ihnen Flügel!” Doch der wäre zu beschäftigt gewesen, sagt Bolivar. Was folgte, war dieses furchtbare Geräusch, der Aufprall am Boden. Und wieder. Und wieder. „Wie ein Wasserballon sind sie zerplatzt am Beton”, sagt der Einwanderer aus Ecuador: „Alle Innereien spritzten nach außen, zurück blieb die leere Hauthülle.”

Bolivar steht direkt vor dem Südturm, als dieser kollabiert. „Ich schieße noch mein letztes Foto, hoffe, dass man später zumindest meine Kamera findet.”

Doch er überlebt fast unversehrt, die Stahlträger schlagen mit 190 km/h knapp neben ihm auf. Im Gespräch legt er sich plötzlich wie ein Embryo auf den Boden seiner Bildergalerie im East Village. Dort stellt er zum Jahrestag 9/11-Fotos aus. Er zeigt den Besuchern, in welcher Position er das Inferno überstand.

Abgebrüht
Seine Frau geht vorbei, schüttelt den Kopf. Das ist alles Teil eines Traumas: „Wir Fotografen sind harte Jungs”, erzählt er, „und ich selbst habe viele Massaker in den Bürgerkriegen Mittelamerikas gesehen. Aber am 11. September haben alle geheult.“

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