Am 15. Jänner war die achtjährige Kardelen im Sauerland tot aufgefunden worden. Der mutmaßliche Mörder flüchtete in die Türkei.
Die vor fast vier Wochen in Paderborn begonnene Flucht eines mutmaßlichen Kindermörders endete in der Nacht auf Mittwoch auf einer Polizeistation im Westen der Türkei. Der wegen Mordes an der achtjährigen Kardelen gesuchte 29-Jährige stellte sich nicht ganz freiwillig, nachdem er vom Vater seiner Ehefrau in der Kleinstadt Didim aufgespürt worden war.
Frage der Ehre
"Das war für mich eine Frage der Ehre", sagte
Schwiegervater Kadir Ayaz (49) der Tageszeitung "Hürriyet". Er habe ihn aber
immer der Justiz übergeben wollen. In Deutschland hatte es Befürchtungen
gegeben, es könne zu einem sogenannten Ehrenmord kommen.
Ayaz wollte nach eigenen Angaben alles für eine Festnahme des Schwiegersohnes unternehmen: Er reiste in die Türkei und stellte ein Team aus 20 Männern zusammen, darunter mehrere Privatdetektive, wie er sagte.
Stellte sich aus Angst selbst
Über die Eltern kam es zum
entscheidenden Telefonkontakt. Der Untergetauchte stimmte einem Treffen in
Didim zu, verlangte aber, der Schwiegervater müsse allein kommen. "Ich weiß,
dass er ein Psychopath ist", sagte Ayaz. Deswegen habe er drei Männer zu dem
Treffen mitgenommen. In einem Auto ohne Kennzeichen sei der Gesuchte auf dem
Atatürk Boulevard in Didim angefahren gekommen. Als er die Begleiter seines
Schwiegervaters sah, gab er Gas und fuhr direkt zur Polizei, heißt es in
türkischen Berichten.
Der 29-Jährige wurde noch in der Nacht sechs Stunden von der türkischen Polizei verhört, die sich zunächst auch auf Anfrage nicht öffentlich äußerte. Am Morgen brachten ihn Beamte zum Gerichtsgebäude in Didim. Am Mittwoch wurde zunächst keine weiteren Entscheidung bekannt, aber die Zeichen standen auf ein Gerichtsverfahren in der Türkei. Die Staatsanwaltschaft in Paderborn hat signalisiert, dass sie ein Verfahren in der Türkei respektieren würde. "Auf Mord steht lebenslange Haftstrafe. Dass es ein Kind war, erschwert die Tat", sagte die Istanbuler Anwältin Esin Kilic Erdogan zur möglichen Strafe.