In Großbritannien werden schon lange bizarre Särge angeboten. Das Unternehmen will jetzt nach Deutschland expandieren.
Beim Anblick einer Straßenbahn denken einige Menschen an eine Fahrt in die Innenstadt. Andere an die Reise ins Jenseits. John Gill gehört zu letzteren. "Eine Trambahn wäre doch ein toller Sarg", sagt der Brite nachdenklich, als eine Straßenbahn im englischen Nottingham an ihm vorbeirumpelt. Dort stellt seine Firma Vic Fearn & Co die wundersamsten Särge her.
Bierglas-Sarg, Riesen-Korkenzieher
Nicht nur in nachgebauten
Trambahnen, sondern auch in einem Riesen-Korkenzieher oder im Bierglas-Sarg
kann man sich beerdigen lassen. So wünscht sich die Krankenschwester Pat Cox
in einem rosa, mit Seide bespannten Ballettschuh ins Paradies zu schweben. "Ich
wollte nicht so eine morbide Schachtel", erklärt die 62-Jährige die
ungewöhnliche Bestellung. Ein anderer Kunde möchte im lappländischen
Schlitten unter die Erde gleiten, inklusive aufgeschnallter Skier. "Der
Tod wird durch ein wenig Humor auch erträglicher", sagt Crampton.
Expansion nach Deutschland
Nun will sich Gill zusammen mit seinem
Geschäftspartner David Crampton auf den deutschen Markt wagen - es lauern
allerdings viele Hürden. Denn für viele Deutsche ist die Bestattung
eine ernste Angelegenheit und kein Anlass für skurrile Ideen, wie für manche
Briten. Zudem gelten in Deutschland strengere Regeln für Bestattungen.
Keine Fristen in England
In Großbritannien gibt es beispielsweise
keine Frist, wie schnell jemand nach dem Tod beerdigt werden muss. "Hier
kann man seine Angehörigen so lange lagern, wie man will - wenn's sein muss
auch in einem Regal", sagt Gill. Eine Kundin habe ihre Mutter gar in
der Tiefkühltruhe verstaut und warte nun, bis sie zusammen mit ihr ins
Erdreich verschwinden könne - in einem gigantischen Reisigsarg. Bisher war
den Briten noch kein Wunsch zu abstrus. Selbst ein Sarg in Form eines
riesigen Müllcontainers steht bereit. "Am Ende sind wir doch alle
auf eine bestimmte Art und Weise Abfall", meint Crampton.
Idee schon vor 15 Jahren
Die Idee, ihr eher eintöniges Gewerbe
aufzulockern, kam vor rund 15 Jahren durch außergewöhnliche Kundenwünsche.
"Das sind keine Verrückten gewesen, sondern Menschen, die gerne in einem
Gegenstand ruhen, der ihnen schon zu Lebzeiten etwas bedeutet hat", betont
Crampton. In einigen afrikanischen Ländern sei das uralte Tradition.
Bis zu 7.500 Euro teuer
Viel Geld müssen die Kunden allerdings
übrig haben, denn die Särge kosten bis zu 7.500 Euro. Dafür haben die
Tischler aber naturgemäß auch ziemlich enge Lieferfristen. "Wenn jemand
plötzlich stirbt, machen wir Nachtschichten", sagt Crampton. Doch die
meisten bestellten ihre Toten-Truhe schon weit im Voraus - bei Vorkasse.
"Unser Motto ist: Zahl jetzt, stirb später", erklärt Crampton.
"Crazy Coffins" - Verrückte Särge
Der Ruhm
kam für einen Sarghersteller auf eine etwas ungewöhnliche Weise: Das
britische Massenblatt "The Sun" - nicht gerade bekannt für pietätvolle
Berichterstattung - brachte die Sarg-Geschichte auf Seite drei; auf jener
Seite also, von der barbusige Mädchen dem Leser entgegenblicken. "Crazy
Coffins", verrückte Särge, war die Schlagzeile. "Naja, unsere Särge und
daneben diese doch sehr lebensbejahenden Bilder... Wir wussten nicht so
recht, was wir davon halten sollten", erzählt Crampton. Dennoch wagten sie
es sogar, ihre Sargkollektion nach dem Titel zu benennen: "Crazy Coffins".