Für die Menschen in den Erdbebengebieten läuft ein Kampf ums Überleben.
In der Türkei gibt es mancherorts wegen der Zerstörung bereits kein Trinkwasser mehr, wie der Chef der Ärztekammer (TTB) im südtürkischen Adana, Selahattin Mentes, sagte. Betroffen sei etwa der Bezirk Nurdag in Gaziantep. Anderswo könne das Leitungswasser womöglich durch Vermischung mit der Kanalisation verseucht sein. Knapp 44.000 Menschen sind bei dem Erdbeben ums Leben gekommen.
"Wir brauchen dringend Zugang zu sauberem Trinkwasser in der Region und müssen Hygiene herstellen. Außerdem muss der Müll entsorgt werden", sagte Mentes. Andernfalls drohten Infektionskrankheiten wie Cholera. Nach Angaben der TTB fehlen in der Region Chlortabletten, mobile Toiletten, Reinigungsmittel und Impfungen gegen Tetanus und Diphtherie. Der Bedarf an Lebensmitteln sei dagegen zurzeit gedeckt.
Zwei Männer nach elf Tagen gerettet
Aus der Türkei gibt es auch elf Tage nach dem Beben weiterhin aufsehenerregende Berichte über Rettungen. Helfer in der türkischen Stadt Antakya hätten zwei Verschüttete nach 261 Stunden aus den Trümmern geholt, berichtete der staatsnahe Sender CNN Türk. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Einer der beiden jungen Männer bestand nach Angaben des türkische Gesundheitsminister Fahrettin Koca gleich nach seiner Befreiung darauf, mit einem Angehörigen zu telefonieren. Auf einem Video war zu sehen, wie der Angerufene am Telefon in Tränen ausbrach, als er von dem Geretteten hörte.
Syriens Präsident Bashar al-Assad ließ unterdessen in einer zynischen Fernsehansprache verlauten, die Folgen des Krieges im Land hätten die Bevölkerung auf die Erdbeben vorbereitet. "Der Krieg, der Ressourcen erschöpfte und Fähigkeiten schwächte, hat der syrischen Gesellschaft die Erfahrung gegeben, um mit dem Erdbeben umzugehen." Syriens Machthaber geht in dem Konflikt brutal gegen die eigene Bevölkerung vor. Ihm werden etwa Verbrechen gegen die Menschlichkeit angelastet, darunter der Einsatz von Chemiewaffen. Der Krieg brach 2011 aus. Mehr als 350.000 Menschen starben bisher.
UNO bittet um Spenden
Um mehr Unterstützung für die Erdbebenopfer zu leisten, bitten die Vereinten Nationen die Mitgliedstaaten um umgerechnet 940 Millionen Euro. Das Geld soll UNO-Generalsekretär António Guterres zufolge "5,2 Millionen Menschen helfen".
Die Hilfe in den Erdbebengebieten der Türkei und vor allem in Syrien wird auch einen "langen Atem brauchen", sagte Andreas Knapp, Auslandshilfe-Generalsekretär der Caritas Österreich, nach seinem Besuch in Aleppo. "Das Bild, das sich mir offenbarte, ist schrecklich: Eingestürzte Gebäude, darunter Krankenhäuser und Schulen, teils zusammengebrochene Infrastruktur, Millionen Menschen sind obdachlos und verbringen bei Minusgraden die Nächte auf der Straße oder in Notunterkünften."
Die internationale Erdbebenhilfe kann dabei mitunter auch noch einen weiteren positiven Zweck erfüllen, wie das Beispiel Griechenland zeigt: Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis hofft dank der Unterstützung seines Landes für die türkische Erdbebenregion auf Entspannung zwischen den beiden Nachbarländern. Athen und Ankara streiten sich um Hoheitsrechte und Erdgasvorkommen in der Ägäis und im östlichen Mittelmeer. In den vergangenen Monaten hatte die Türkei wiederholt mit einer Invasion auf griechischen Inseln gedroht.
Vor über einer Woche hatte ein Beben der Stärke 7,7 die Südosttürkei erschüttert, Stunden später folgte ein zweites schweres Beben der Stärke 7,6. Die Zahl der bestätigten Toten in der Türkei und Syrien steigt immer noch. Am Freitag lag sie bei fast 44.000. Zehntausende wurden zudem verletzt, Tausende gelten noch als vermisst.