Nach neuerlichen Versuchen die Grenze zu schließen, haben Hamas-Mitglieder mit Bulldozern die Sperranlage niedergerissen.
Ägypten hat das Chaos an der Grenze zum Gazastreifen trotz des Einsatzes von Sondereinheiten auch am Freitag nicht stoppen können. Nachdem Soldaten die Grenze bei Rafah zunächst wieder geschlossen hatten, rissen Mitglieder der radikal-islamischen Hamas-Organisation am Nachmittag mit einem Bulldozer erneut Teile der Grenzanlage nieder. Hunderte von Palästinensern strömten danach wieder über die Grenze.
Polizei blieb auf Distanz
Die ägyptische Polizei beobachtete die
Aktion aus der Ferne, ohne zunächst einzugreifen. An anderen Stellen ging
sie mit Wasserwerfern und Schlagstöcken gegen Palästinenser vor, die sie an
den seit zwei Tagen genutzten Durchbrüchen mit Steinen bewarfen. Ein
ägyptischer Soldat wurde nach Augenzeugenberichten von einem Palästinenser
angeschossen und verletzt. Auch ignorierten zahllose Palästinenser die von
Ägypten gestellte Frist, bis Freitag 14:00 Uhr MEZ wieder nach Hause
zurückzukehren.
"Internationale Grenze muss geschützt werden"
Zuvor
hatte US-Außenministerin Condoleezza Rice Ägypten aufgefordert, die Grenze
zum Gazastreifen wieder unter Kontrolle zu bringen. Sie verstehe die
schwierige Situation, in der Ägypten stecke, sagte Rice nach Angaben des
US-Außenministeriums. "Aber es ist eine internationale Grenze, die
geschützt werden muss. Und ich glaube, dass die Ägypter die Bedeutung
verstehen, dies auch zu tun." Schuld an der gegenwärtigen Situation sei
in erster Linie die Hamas, weil sie nicht bereit sei, die Raketenangriffe
auf Israel zu stoppen, sagte Rice.
Eine Kuh wird mit dem Kran von Gaza auf die ägyptische Seite gehoben (Foto: AP Photo/ Eyad Baba)
Hamas sprengte 17 Löcher in Sperranlage
Die Grenze ist seit
Mittwoch offen, nachdem Mitglieder der Hamas 17 Löcher in die Sperranlage
gesprengt hatten. Mehr als eine halbe Million Palästinenser deckten sich
nach UNO-Angaben dann in Ägypten unter anderem mit Lebensmitteln, Benzin,
Zigaretten und Hygieneartikeln ein. Wegen des fortwährenden Beschusses mit
Raketen hatte Israel die 1,5 Millionen Palästinenser im Gazastreifen mit der
Schließung aller Grenzübergänge von der Außenwelt abgeschnitten.
Grenze mit Stacheldraht geschlossen
Ägyptische Sondereinheiten
begannen in der Nacht zum Freitag, die Löcher in der Grenzanlage mit
Stacheldraht zu schließen, um Palästinenser an der illegalen Einreise nach
Ägypten zu hindern. Jugendliche Palästinenser bewarfen daraufhin die
ägyptischen Sicherheitskräfte mit Steinen. Als Reaktion setzten Soldaten
Wasserwerfer ein und feuerten Warnschüsse ab. An anderer Stelle hinderten
ägyptische Grenzwächter Palästinenser allerdings nicht daran, über
eingestürzte Mauern und Zäune zu klettern.
Ägypten streitet über Grenzöffnung
Die Hamas
forderte Ägypten auf, eine geregelte Grenzöffnung zu erlauben. Die Regierung
in Kairo hat den einzigen nicht-israelischen Ausgang des Gebiets weitgehend
geschlossen gehalten, seit die Extremisten im Sommer die Macht an sich
gerissen haben. Ägypten unterstützt in dem innerpalästinensischen Machtkampf
zwischen Extremisten und moderaten Kräften wie die USA und Israel
Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas. Die Lage an der Grenze ist am Sonntag
auch Thema bei weiteren Gesprächen Abbas' mit Israels Ministerpräsident Ehud
Olmert.
Israel fürchtet vermehrtes Terroraufkommen durch Grenzöffnung
Israel
befürchtet nach Angaben aus Sicherheitskreisen, dass militante Palästinenser
die Grenzöffnung für Terroranschläge in Israel oder die Entführung von
Israelis nutzen. Aus Sorge, dass Terroristen über Ägypten nach Israel
eindringen, wurde die wichtigste Straße entlang der israelisch-ägyptischen
Grenze für den Privatverkehr geschlossen. Darüber hinaus wurden alle
israelischen Touristen aufgefordert, die ägyptischen Badeorte am Roten Meer
sofort zu verlassen.
Weitere israelische Raketenangriffe
Bei zwei israelischen
Raketenangriffen im südlichen Gazastreifen sind am Freitag nach
palästinensischen Angaben vier Hamas-Kämpfer getötet worden. Nach anderen
Angaben sollen es fünf Männer gewesen sein. Bei Protesten in Beit Omer nahe
Hebron im Westjordanland erschossen israelische Soldaten nach
palästinensischen Angaben einen Jugendlichen. Die Menge soll die Soldaten
zuvor mit Steinen beworfen haben. Ein Armeesprecher sagte, die Angaben
würden geprüft.