Attentat

Angehörige von Richter im Saddam-Prozess erschossen

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Der zehnjährige Neffe und der Schwager wurden in Bagdad getötet, die Schwester des Richters und sein Sohn überlebten schwer verletzt.

Attentäter haben zwei Angehörige des Richters im Völkermordprozess gegen den irakischen Ex-Machthaber Saddam Hussein erschossen. Der zehnjährige Neffe und der Schwager seien in Bagdad bei einem Anschlag getötet worden, teilte die Polizei am Freitag mit. Die Schwester des Richters und sein Sohn hätten das Attentat am Vorabend schwer verletzt überlebt. Unklar war zunächst, ob die Tat im Zusammenhang mit dem Amt von Richter Mohammed al-Urejbi stand. In der Vergangenheit waren bereits drei Anwälte von Saddam und anderer Angeklagter ermordet worden.

Tödlicher Kugelhagel beim Umzug
Die Verwandten von Mohammed al-Urejbi al Khalifa hatten gerade den hauptsächlich von Sunniten bewohnten Stadtbezirk Ghasaliya mit ihrem gesamten Hab und Gut im Auto und einem Lastwagen verlassen wollen, als sie in einen Kugelhagel gerieten. Ihr Beschluss zum Umzug sei gefallen, nachdem al-Urebjbi in der vergangenen Woche den Vorsitz im Saddam-Prozess übernommen habe. Offenkundig hatte die schiitische Familie Angst, Ziel eines Anschlags von Anhängern des Sunniten Saddam zu werden.

Das Gericht äußerte sich zunächst nicht zu dem Anschlag. Ein mit dem Saddam-Prozess vertrauter irakischer Anwalt erklärte, das Sondertribunal müsse nun prüfen, ob Urejbi sein Amt weiter ausüben könne. Möglicherweise müsse nach dem Anschlag jedoch von einer Befangenheit des Richters ausgegangen werden, so dass er zurücktreten müsse. Urejbi ist erst seit wenigen Tagen Vorsitzender Richter in dem Verfahren. Sein Vorgänger galt als zu nachsichtig im Umgang mit dem angeklagten irakischen Ex-Präsidenten. Er war entlassen worden, nachdem er gesagt hatte, dass Saddam kein Diktator gewesen sei. Urejbi hat Saddam Hussein bislang schon drei Mal des Saales verwiesen, weil er sich seinen Anordnungen widersetzt hatte.

Irak am Rand eines Bürgerkriegs
Menschenrechtsgruppen und die Verteidiger Saddams bezweifeln, dass dem Angeklagten ein fairer Prozess in einem Land gemacht werden könne, das am Rand eines Bürgerkriegs steht. Saddam und sechs Mitangeklagte müssen sich unter anderem für Giftgasangriffe in den 1980er Jahren gegen die Kurden im Nordirak verantworten. Die Anklage wirft ihnen Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Ihm droht die Todesstrafe.

Im Völkermord-Prozess geht es um die "Operation Anfal", während der in den Jahren 1987 und 1988 rund 182.000 Kurden im Nordirak getötet wurden. Saddam ist in dem Prozess wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Im Falle einer Verurteilung droht ihm - wie auch in einem weiteren gegen ihn laufenden Verfahren wegen eines Massakers an 148 Schiiten - die Todesstrafe.

Todesschwadronen morden in Bagdad
In der Hauptstadt wurden erneut acht gefesselte Leichen gefunden. Die sieben Männer und eine Frau seien offenbar vor ihrem Tod misshandelt worden, erklärten die Sicherheitskräfte. Erst am Donnerstag hatte die Polizei in Bagdad den Fund von 40 Leichen gemeldet, die Spuren von Misshandlungen aufwiesen. Die Ermordungen werden Todesschwadronen zugeschrieben.

In Bagdad und in Anah nordwestlich der Hauptstadt wurden ein irakischer Polizist und zwei Soldaten getötet, wie die Polizei mitteilte. Die Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten hat nach US-Militärangaben seit dem Beginn des Fastenmonats Ramadan in dieser Woche zugenommen. Bei einer Razzia in Bakuba entdeckten irakische Sicherheitskräfte nach Angaben des örtlichen Gouverneurs drei Leichen in einem Haus sowie ein Waffenlager in einer Moschee. 60 mutmaßliche Aufständische seien festgenommen worden.

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