Der US-Nachrichtendienst CIA wird am Donnerstag 1.100 Seiten bisher streng geheimer Dokumente über den Kriegszustand in Polen veröffentlichen.
All diese Dokumente übergab der polnische Agent Ryszard Kuklinski den Amerikanern. Historiker hoffen, dass sie nun unter anderem die geheimnisvolle Geschichte der damaligen Opposition in den Armeestrukturen kennenlernen können, berichtete am Mittwoch die Tageszeitung "Dziennik".
Die Entscheidung über die Veröffentlichung der Dokumente wurde vor einigen Monaten getroffen. Die US-Regierung beschloss, sie vor dem 27. Jahrestag der Einführung des Kriegsrechts in Polen am 13. Dezember 1981 öffentlich zu machen. Die Großteil der Dokumente betrifft Vorbereitungen zur Einführung des Kriegsrechts. Es gebe auch andere "kostbare Dokumente", die etwa den Einfluss der Sowjetunion auf die polnische Armee erhellen könnten, sagte CIA-Sprecherin Marie Harf gegenüber der Zeitung "Dziennik".
Dokumente für USA besonders wichtig
Laut Harf sind die
Dokumente äußerst ausführlich. "Das ist ein Blick von innen auf das, was in
der polnischen Regierung passierte. Die Dokumente waren für die US-Regierung
von höchster Bedeutung. Sie halfen, das Wesen oder den Kern des
Kriegszustandes zu verstehen", erklärte Harf.
Die Dokumente, die veröffentlicht werden sollen, sind nur ein kleiner Teil aller Materialien, die Kuklinski an die Amerikaner übergeben hatte. Inoffiziell heißt es, dass er der CIA 40.000 Seiten Dokumente geliefert haben soll. Die Unterlagen betrafen außer den Vorbereitungen zur Einführung des Kriegsrechts in Polen unter anderem geheime sowjetische Pläne zur Verwendung von Atomwaffen, technische Daten der damals modernsten sowjetischen Waffen Tank T-72 und Raketen Pfeil 2, die Stationierung der sowjetischen Luftabwehr in Polen und in der DDR.
40.000 geheime Unterlagen
Kuklinski hatte bereits 1972 Kontakte
zum US-Geheimdienst geknüpft. Bis 1981 hatte er nach eigenen Angaben
insgesamt rund 40.000 geheime Unterlagen über die Militärpläne der
Sowjetunion und des östlichen Militärbündnisses, unter anderem über das
Kriegsrecht in Polen, an die USA verraten. Er war 1981, kurz vor der
Einführung des Kriegsrechts, aus Polen geflüchtet und lebte bis zu seinem
Tod 2004 in Tampa (Florida) in den USA.
Die antikommunistische Opposition in Polen hat nach der demokratischen Wende immer wieder Freispruch für Kuklinski gefordert. Die gegen ihn 1984 verhängte Todesstrafe hob die Militärkammer des Obersten Gerichtes 1995 auf. 1997 sind die Ermittlungen wegen Spionage und Fahnenflucht gegen Kuklinski eingestellt worden. Die militärische Staatsanwaltschaft in Warschau ist zum Schluss gekommen, dass Kuklinski die Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst aus übergeordneten moralischen Gründen aufgenommen habe.