In Lissabon haben die 27 EU-Staats-und Regierungschef den Reformvertrag unterschrieben. Hier sind die Neuerungen.
Der EU-Reformvertrag, der am Donnerstag in Lissabon von den EU-Staats- und Regierungschefs unterzeichnet wurde, beendet einen fast siebenjährigen Streit in der Europäischen Union um interne Reformen. Mit dem Vertragswerk, das in Zukunft "Vertrag von Lissabon" heißen soll, wurden die Hauptinhalte der gescheiterten Verfassung gerettet. Um 2009 in Kraft zu treten, muss der Vertrag in allen EU-Staaten bis Ende nächsten Jahres ratifiziert werden. Im Folgenden ein Überblick über die Eckpunkte des Reformvertrages:
Permanenter EU-Ratspräsident:
Anstatt der derzeit
halbjährlich wechselnden EU-Ratsvorsitzenden - den Regierungs- oder
Staatschefs des jeweiligen Vorsitzlandes - wird ab 2009 ein fixer für
zweieinhalb Jahre gewählter Präsident den Vorsitz bei Europäischen Räten und
bei Gipfeltreffen mit Drittstaaten führen. Der Posten soll von einem
ehemaligen Regierungschef bekleidet werden. Damit soll die EU eine
kontinuierlichere Außenvertretung als bisher bekommen. In den jeweiligen
EU-Fachministerräten bleibt der Vorsitz beim jeweiligen
Präsidentschaftsland, die halbjährlich rotierenden Ratsvorsitze sollen sich
aber in Trio-Präsidentschaften besser koordinieren.
"Hoher Vertreter" für die Außen- und Sicherheitspolitik:
Dieser soll ab 2009 die bisherigen Doppelgleisigkeiten zwischen dem
EU-Außenbeauftragten des Rates (derzeit Javier Solana) und dem
EU-Außenkommissar (derzeit Benita Ferrero-Waldner) beenden. Der "Hohe
Vertreter" wird in Personalunion Generalsekretär des Rates und Vizepräsident
der Kommission sein. Der Name "EU-Außenminister" wurde auf Druck
Großbritanniens fallen gelassen.
Verkleinerte EU-Kommission:
Ab 2014 werden nur noch zwei Drittel
der EU-Staaten Kommissare in Brüssel stellen, anstatt wie bisher alle. Um
eine gleiche Vertretung aller zu garantieren, muss die EU noch ein
Rotationssystem festlegen.
Grundrechtecharta:
Mit Ausnahme Großbritanniens und Polens wird
der Text der Charta rechtsverbindlich. Diese garantiert den EU-Bürgern eine
Reihe von einklagbaren Rechten wie etwa das Recht auf Leben, den Schutz
personenbezogener Daten, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit und
freie Meinungsäußerung. Die Grundrechtecharta soll die Europäische
Menschenrechtskonvention ergänzen.
Mehrheitsentscheidungen:
Die nationale Vetomöglichkeit entfällt
ab 2009 in der EU-Innen- und Justizpolitik. Großbritannien kann selbst
entscheiden, ob es bei solchen Entscheidungen mitmacht oder nicht.
Stimmgewichtung:
Ab 2014 wird grundsätzlich das System der
"doppelten Mehrheit" gelten, wonach für einen Mehrheitsbeschluss mindestens
55 Prozent der EU-Staaten zustimmen müssen, die mindestens 65 Prozent der
EU-Bevölkerung repräsentieren. Auf Wunsch eines Staates kann das derzeitige
System auch bis 2017 verlängert werden. Für eine Sperrminorität sind künftig
fünf statt bisher vier Staaten erforderlich. Bei knapper Verfehlung der
Sperrminorität können Beschlüsse wie schon bisher aufgeschoben werden.
"Gelbe Karte":
Nationale Parlamente können künftig
Gesetzesvorschläge der EU-Kommission leichter zurückweisen, wenn Kompetenzen
der EU-Staaten missachtet werden. Die Kommission muss den Entwurf dann
rechtfertigen.
Energie und Klimaschutz: Beide Bereiche werden als neue Themen in den EU-Vertrag aufgenommen. Eine allgemeine Klausel zu Energiesolidarität wurde auf Forderung von Polen und Litauen verankert.
Solidaritätsklausel: Bei Terrorangriffen und Katastrophen versichern sich die EU-Staaten gegenseitigen Beistand.