Die geplante Verschärfung des Sexualstrafrechts in Deutschland sorgt für Wirbel. Nach dem Gesetz könnte es Anzeigen besorgter Eltern hageln.
Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut. Mit dem neuen Gesetzesentwurf im Sexualstrafrecht will der Deutsche Gesetzgeber zwar Jugendliche vor dem Abgleiten in die Prostitution schützen, aber eigentlich drohen auch Strafen für das normale Sexualverhalten junger Menschen.
Die bisherige Gesetzeslage war klar: Illegal ist es, wenn ein Erwachsener mit einer Person unter 16 Jahren für ein Entgeld sexuell verkehrt. Jetzt wird der Gesetzestext um den schwammigen Begriff "für Entgelt oder sonstige Leistungen" erweitert.
Alter auf 14 Jahren abgesenkt
Die Bundesregierung will zudem auch
das Täteralter auf 14 Jahre absenken. Dass Jugendliche wie Erwachsene
behandelt werden sollen, liegt in der Logik des Schutzgedankens: Beim Opfer
förderten "entgeltliche Sexualkontakte" unabhängig vom Alter des Täters "die
Gefahr des Abgleitens in die Prostitution", heißt es in der Begründung der
Novelle.
Droht eine Anzeigenhagel besorgter Eltern?
Kritiker befürchten
nun, dass damit auch normales Sexualverhalten von Jugendlichen
kriminalisiert werden könnte. Erfährt etwa eine besorgte Mutter von
Petting-Spielen ihrer 15-jährigen Tochter mit deren gleichaltrigem Freund im
Kino, könnte sie den Burschen wegen "sexuellen Missbrauchs" ihrer Tochter
anzeigen, wenn der Bursche die Kinokarten bezahlt hat. Täter könnten jünger
sein als ihre Opfer, und selbst der misslungene Versuch, solch einer
sexuellen Annäherung unter Jugendlichen gegen "Entgelt" soll unter Strafe
gestellt werden, kritisiert etwa der Grünen-Parlamentarier Jerzy Montag.
"Sinn und Zweck der Vorschrift müssen beachtet werden"
Das
deutsche Bundesjustizministerium hält derartige Befürchtungen allerdings für
völlig überzogen. Bei der Auslegung eines Gesetzes müssten Staatsanwälte und
Richter "immer den Sinn und Zweck der Vorschrift beachten", betonte ein
Sprecher von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). Das Beispiel mit
der Kino-Karte als Honorar für sexuelle Handlungen sei deshalb auch
realitätsfern, denn in der Praxis würde da kein Staatsanwalt "den Finger
rühren".
Pornografie mit Jugendlichen wird verboten
Die Umsetzung des
EU-Rahmenbeschlusses will zudem Pornografie verbieten, wenn darin sexuelle
Handlungen Jugendlicher unter 18 Jahren thematisiert werden. Stellt etwa
eine 17-Jährige ein aufreizendes Bild von sich ins Internet, macht sich dann
auch jeder 14-Jährige wegen Besitzes von Jugendpornografie strafbar, der das
Bild auf seinen Rechner lädt oder an andere weitermailt. Problematisch wären
dann etwa auch freizügige Berichte und Bilder von Jugendlichen über ihre
sexuellen Erfahrungen in Jugendmagazinen oder Chat-Foren im Internet.
Ob die deutsche Bundesregierung nun beim sexuellen Missbrauch das Täteralter bei 18 Jahren beibehält, wie das die Opposition fordert, und auch beim Pornografieverbot nachbessert, ist noch unklar. Nach den Vorgaben der EU wäre es möglich.