Wolfgang Schäuble hat vor einem Terroranschlag mit Atomwaffen gewarnt. Kritiker werfen ihm Angstmacherei vor.
Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble hat mit seiner Warnung vor Terroranschlägen mit Atomwaffen erneut eine heftige Kontroverse mit dem Koalitionspartner SPD ausgelöst. SPD-Politiker und FDP warfen dem Minister verantwortungslose Angstmacherei vor.
"Die größte Sorge aller Sicherheitskräfte ist, dass innerhalb des terroristischen Netzwerks ein Anschlag mit nuklearem Material vorbereitet werden könnte", sagte Schäuble der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die Sicherheitskräfte hätten weiter keinen vollständigen Überblick über Anschlagspläne von Terroristen, etwa ob diese atomare, biologische oder chemische Waffen einsetzen wollten.
Nur eine Frage der Zeit
"Viele Fachleute sind inzwischen
überzeugt, dass es nur noch darum geht, wann solch ein Anschlag kommt, nicht
mehr ob." Er rate dennoch zur Gelassenheit. Nach den Anfang des Monats
vereitelten Plänen für Anschläge sei aber noch klarer, dass Deutschland
gezielt im Fadenkreuz des islamistischen Terrorismus stehe. "Die Terroristen
wollen ja weitere Anschläge ausführen."
Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, der SPD-Politiker Sebastian Edathy, zeigte sich empört über Schäubles Äußerungen. Er sei fassungslos über dessen nicht nachvollziehbares Szenario, sagte Edathy dem "Tagesspiegel". "Das wird der Verantwortung eines Kabinettsmitglieds nicht gerecht."
Bevölkerung verunsichert
Schäuble müsse tätig werden, wenn
er entsprechende Hinweise habe, sich andernfalls aber zurückhalten.
Angesichts der Verunsicherung in der Bevölkerung nach den vereitelten
Anschlägen auch in Deutschland würde es einem für die Sicherheit
verantwortlichen Minister "in dieser Situation gut anstehen, sich
verantwortungsbewusst zu zeigen und nicht noch zur Verunsicherung
beizutragen", sagte Edathy.
Auch FDP-Generalsekretär Dirk Niebel nannte Schäubles Ausführungen unverantwortlich. "Wer Weltuntergangsszenarien an die Wand malt und gleichzeitig zu Gelassenheit aufruft, wird zu einer unkalkulierbaren Größe in der deutschen Innenpolitik", sagte er im selben Blatt.
Abschuss-Befehl kritisiert
Auch die Ankündigung von
Verteidigungsminister Franz Josef Jung, im Notfall den Abschussbefehl für
ein Zivilflugzeug im Terrorfall zu geben, löste eine Kontroverse in der
Koalition aus. SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz warf Jung in der
"Frankfurter Rundschau" vor, offen mit einem Verfassungsbruch zu
kalkulieren. Jung hatte gesagt, ein entführtes Flugzeug, das für
Terrorangriffe benutzt werden soll, notfalls ohne gesetzliche Grundlage
abschießen zu lassen.
"Wenn es kein anderes Mittel gibt, würde ich den Abschussbefehl geben, um unsere Bürger zu schützen", sagte der CDU-Politiker im Magazin "Focus". "Ich wünsche mir eine verfassungsrechtliche Klarstellung. Aber da gibt es noch keinen Konsens in der Koalition."