Die russische Opposition hat Boris Nemzow zum Präsidentschaftskandidaten gekürt. Unterdessen hat der Kreml eine TV-Ansprache Putins kurz vor der Parlamentswahl angekündigt.
Die liberale russische Oppositionspartei Union der Gerechten Kräfte (SPS) hat den früheren Wirtschaftsreformer Boris Nemzow als ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im März 2008 nominiert. Bei einem außerordentlichen Parteikongress in einem Moskauer Vorort stimmten etwa 200 regionale Parteiführer am Freitag einem entsprechenden Vorschlag des früheren Wirtschaftsministers Andrej Netschajew zu.
Opposition hat zwei Prozent bei Umfragen
Nemzows Kandidatur muss
nun noch vom Parteitag im Dezember formell bestätigt werden. Nach jüngsten
Umfragen zur Parlamentswahl Anfang Dezember kommt die SPS derzeit nur auf
etwa zwei Prozent der Stimmen. Nemzow versicherte dagegen, die Partei habe
"mehrere Millionen" Anhänger.
Nemzow diente unter Jelzin
Der 48-Jährige gilt als einer der
Architekten der liberalen Wirtschaftsreformen unter Putins Vorgänger Boris
Jelzin. Er war von 1997 bis 1998 Jelzins Vize-Ministerpräsident und danach
Gouverneur der Region Nischnij Nowgorod. Von 1999 bis 2003 saß er als
Abgeordneter für die SPS in der Duma. Während der Orangenen Revolution 2004
in der Ukraine arbeitete Nemzow als Berater für den heutigen ukrainischen
Präsidenten Viktor Juschtschenko.
Putin geht in Wahl
Präsident Wladimir Putin darf gemäß der
Verfassung nach zwei Amtszeiten nicht mehr für das höchste Staatsamt
kandidieren, geht aber als Spitzenkandidat seiner Partei Einiges Russland
bei der Parlamentswahl am 2. Dezember ins Rennen. Im Falle des als sicher
geltenden Wahlsiegs von Einiges Russland könnte er das Amt des
Ministerpräsidenten übernehmen. Die Opposition befürchtet, dass der
scheidende Präsident damit weiter an der Macht bleibt. Ein Antrag der SPS,
Putins Kandidatur zu verbieten, hatte der Oberste Gerichtshof am Dienstag
zurückgewiesen. Die SPS wirft dem Präsidenten vor, sein Amt zu
Wahlkampfzwecken zu missbrauchen.
TV-Ansprache Putins vor den Wahlen
Drei Tage vor der
Parlamentswahl wird sich Putin nochmals in einer Fernsehansprache an das
russischen Volk wenden. Der Präsident habe die Ansprache bereits am
Donnerstag aufgezeichnet, teilte der Kreml am Freitag mit. Nach
Informationen der Zeitung "Kommersant" wird Putin dabei nicht als Staatschef
auftreten, sondern als Spitzenkandidat von Einiges Russland. Über den Inhalt
der Rede sei aber "fast nichts" bekannt.
Auslands-Millardär setzt auf Volksaufstand
Der im Londoner
Exil lebende Milliardär und Putin-Gegner Boris Beresowski setzt auf einen
Volksaufstand, um Putin und seine Gefolgsleute zu stürzen. Die Finanzierung
von Oppositionsparteien bezeichnete Beresowski am Freitag als "völlig
nutzlos". Er werde eine Untergrundbewegung finanzieren, um die Menschen dazu
bringen, auf die Straße zu gehen und gegen die Regierung zu protestieren,
kündigte er in London an. Einen derartigen Volksaufstand könnte es demnach
zwischen den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen geben