Der Ex-Innenminister Polens Kaczmarek ist festgenommen worden. Er kann nun nicht vor dem Ausschuss aussagen - die Opposition übt heftige Kritik.
Der polnische Inlandsgeheimdienst ABW hat am Donnerstag den entlassenen Innenminister Janusz Kaczmarek festgenommen. Zusammen mit Kaczmarek wurden auch der entlassene Polizeichef Konrad Kornatowski und der Chef der größten polnischen Versicherungsgesellschaft PZU, Jaromir Netzel, verhaftet. Alle sind laut Staatsanwaltschaft in die Affäre um das Durchsickern von Informationen über die Ermittlungsaktion des Zentralen Antikorruptionsbüros (CBA) im Landwirtschaftsministerium verwickelt, die vor wenigen Wochen zum Bruch der Regierungskoalition geführt hatte. Die Opposition wirft der Regierung vor, dass sie ihre Kritiker zum Schweigen bringen will.
Marzec auf Auslandsurlaub
Der Inlandsgeheimdienst ABW wollte
zudem den ehemaligen Chef des Zentralen Untersuchungsbüros (CBS), Jaroslaw
Marzec, festnehmen, berichtete "Wprost". Dies sei aber nicht gelungen, weil
Marzec auf Auslandsurlaub ist. Marzec sollte am Freitag - ähnlich wie
Kaczmarek und Kornatowicz von dem Geheimdienst-Ausschuss des polnischen
Parlaments verhört werden. Die Festnahmen bedeuten, dass sie wahrscheinlich
nicht aussagen werden. "Damit wird den Zeugen am Vortag der Sitzung des
Ausschusses der Mund verschlossen", kritisierte ein Ausschussmitglied der
oppositionellen rechtsliberalen oppositionellen Bürgerplattform (PO)
gegenüber der "Gazeta Wyborcza".
Der frühere polnische Präsident und Anführer des Gewerkschaftsaufstands gegen die kommunistischen Machthaber in den 1980er Jahren, Lech Walesa, kommentierte die Festnahmen mit drastischen Worten. "Die Leute sind bereit, den Ausnahmezustand einzuführen. Habt keine Illusionen, dass die Kaczynski-Brüder so einfach die Macht abgeben", sagte Walesa.
"Schockierend"
"Die Nachricht über die Festnahme von
Janusz Kaczmarek ist schockierend. (Die rechtskonservative Regierungspartei
"Recht und Gerechtigkeit") PiS ist im Zustand panischer Angst", sagte
Mateusz Piskorski von Leppers radikaler Bauernpartei Samoobrona
(Selbstverteidigung) gegenüber der "Gazeta Wyborcza". Seiner Meinung nach
versucht die Partei von Premier Jaroslaw Kaczynski nun, alle Personen zum
Schweigen zwingen, die kompromittierende Fakten ans Licht bringen.
Der Ex-Innenminister wurde bereits vorige Woche vom Ausschuss für Geheimdienste verhört, wo er über Rechtsverletzungen bei der Tätigkeit der Staatsorgane erzählte. Er warf Justizminister Zbigniew Ziobro vor, die Staatsanwaltschaft und die Geheimdienste zum Kampf mit dem politischen Gegner zu missbrauchen und Politiker und ihn kritisierende Journalisten bespitzeln zu lassen Die Aussagen von Kaczmarek, die der Parlamentspräsident in den geheimen Ausschusssitzungen verlas, empörten die Opposition, die nun die Einberufung eines Untersuchungsausschusses und die Entlassung des Justizministers fordert.
Aus Regierung entlassen
Kaczmarek, der offizielle Kandidat der
radikalen Bauernpartei Samoobrona (Selbstverteidigung) und der
national-katholischen Liga Polnischer Familien (LPR) für den Premiersposten,
war jüngst aus der Regierung entlassen worden, weil er laut Premier Jaroslaw
Kaczynski (PiS) zu den Verdächtigen gehört, die Informationen über
Ermittlungen der Anti-Korruptionsbehörde CBA im Warschauer
Landwirtschaftsministerium hätten durchsickern lassen. Die Affäre hatte zur
Entlassung des Vizepremiers und Landwirtschaftsministers Andrzej Lepper von
der radikalen Bauernpartei Samoobrona (Selbstverteidigung) und in der Folge
zum Bruch der Regierungskoalition aus PiS, Samoobrona und der
erzkatholischen Liga der polnischen Familien (LPR) geführt. Dabei steht der
Vorwurf im Raum, Premier Kaczynski habe der CBA den Auftrag gegeben, Lepper
durch einen inszenierten Korruptionsfall eine Falle zu stellen, um Druck auf
ihn ausüben zu können.