Die Entführung von vier Mitarbeitern des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Zentralafghanistan ist unblutig zu Ende gegangen.
Der Mazedonier, der Burmese und die beiden Afghanen wurden am Samstagabend drei Tage nach ihrer Verschleppung von den radikal-islamischen Taliban freigelassen. "Die vorbehaltslose Freilassung unserer vier Kollegen ist eine große Erleichterung für uns und ihre Familien", erklärte der stellvertretende Leiter der IKRK-Vertretung in Kabul, Franz Rauchenstein.
Deutscher Bauingenieur weiter in Geiselhaft
Die Helfer waren am
Mittwochabend nach der gescheiterten Übergabe der deutschen Geisel Rudolf B.
von Taliban-Kämpfern verschleppt worden. Der deutsche Bauingenieur ist
weiter in Geiselhaft. Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid sagte am Samstag,
die Geiselnahme der Rot-Kreuz-Helfer sei ein "Missverständnis"
gewesen.
Freilassung angeordnet
Sobald klar gewesen sei, dass lokale
Kämpfer die IKRK-Mitarbeiter in ihrer Gewalt gehabt hätten, habe der
Führungsrat der Taliban die Freilassung der Männer angeordnet. Man
respektiere die Arbeit des Roten Kreuzes, betonte der Taliban-Sprecher. Das
IKRK war im August auf Bitten der Taliban und der Regierung in Seoul an der
Freilassung südkoreanischer Geiseln in Afghanistan beteiligt.
Übergabe von Rudolf B. gescheitert
Die Rot-Kreuz-Mitarbeiter
hatten sich am Mittwochabend nach der in letzter Sekunde gescheiterten
Übergabe von Rudolf B. in Wardak auf den Weg nach Kabul gemacht. Bereits
nach wenigen Kilometern wurden sie entführt. Nach Informationen der
deutschen Nachrichtenagentur dpa war der seit mehr als zwei Monaten
verschleppte Rudolf B. am Mittwoch bereits in Begleitung der
Rot-Kreuz-Mitarbeiter und der Geiselnehmer auf dem Weg von dem Versteck in
den Bergen zum Übergabepunkt. Etwa 800 Meter davor habe der Konvoi aber aus
unbekannten Gründen abgedreht und sei zurück ins Gebirge gefahren, hieß es.
Die Rot-Kreuz-Helfer hätten danach so schnell wie möglich nach Kabul
zurückkehren wollen.
Die radikal-islamischen Taliban hatten sich nach der Entführung widersprüchlich geäußert. Ein Taliban-Kommandeur hatte erklärt, die Aufständischen hätten die Helfer nicht verschleppt. Die Rebellen würden selber nach den Entführern suchen. Ein anderer Taliban-Kämpfer hatte dagegen gesagt, die Aufständischen hätten die Helfer in ihre Gewalt gebracht, weil die Rebellen im Falle Rudolf B. "betrogen" worden seien. Dagegen hatten afghanische Behörden mitgeteilt, dass der vor zwei Monaten entführte deutsche Bauingenieur zunächst freigelassen und übergeben worden war. Später hätten die Taliban die Gruppe dann aber wieder in ihre Gewalt gebracht.
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Die Europäische Union will trotz der jüngsten blutigen Anschläge in Afghanistan ihre Aufbauhilfe verstärken. Bei einem Treffen der EU-Verteidigungsminister sagte EU-Chefdiplomat Javier Solana, die Anstrengungen dürften nicht nachlassen. Portugals Minister und EU-Ratspräsident, Nuno Severiano Teixeira, sagte nach dem zweitägigen informellen Treffen der EU-Verteidigungsminister im portugiesischem Evora: "Ohne Sicherheit wird es keinen Wiederaufbau geben und ohne Wiederaufbau keine Sicherheit."
Die Zahl der Ausbilder für die Polizei werde bis kommenden März auf 195 steigen, sagte der deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Jung. Derzeit sind etwa 75 EU-Beamte, davon 45 Deutsche, in Afghanistan. "Die EU tut ihr Äußerstes. Wir müssen weitermachen", lobte Solana die Anstrengungen der Europäischen Union. Sie und die gesamte Staatengemeinschaft müssten dem Land, dass vor allem unter den radikal-islamischen Taliban-Kämpfern und dem Drogenhandel leidet, eine wirtschaftliche Perspektive geben, meinte auch Teixeira.