Am Donnerstag stimmten die Mitglieder des EU-Parlaments mit 234 Ja-Stimmen zu 175 Nein-Stimmen (122 Enthaltungen) für einen Antrag, Prostituierte zu entkriminalisieren - dafür jedoch Freier zu bestrafen.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Entscheid des EU-Parlaments:
Kommt jetzt ein Prostitutions-Verbot in ganz Europa?
Grundsätzlich ist der Bericht zwar bindend, dient aber lediglich als Empfehlung für die EU-Mitgliedsstaaten für eigene System zur Bestrafung von Freiern, bzw. Verringerung der Nachfrage, wie der "Blick" berichtet. In vielen nordischen Ländern gibt es bereits ein solches von der EU nun vorgebrachte System.
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Wie funktioniert das "nordische System"?
Das nordische System verbietet zwar nicht das Anbieten von Prostitution, dafür jedoch das Annehmen, also den Freier. Konkret sieht es wie folgt aus:
- Die - auch einvernehmliche - Prostitution wird kriminalisiert. Auch die Vermietung von Räumen an Sexarbeiterinnen, sowie die Vermittlung (also Bordelle, Laufhäuser und Zuhälter) stehen unter Strafe.
- In ersterem Fall werden allerdings lediglich die Freier bestraft, für das Anbieten gibt es keine Strafe.
- Zusätzlich werden von den Regierungen Angebote zum Ausstieg gestellt.
- Außerdem gibt es breitflächige Aufklärungsmaßnahmen in der Bevölkerung.
Als erstes Land führte Schweden 1999 dieses System ein. Allerdings gibt es auch heute, trotz Verbot, viele Sexarbeiterinnen, die ihre Dienste im Internet anbieten. Laut "Blick" ist der Trick dahinter, dass die Webseiten auf ausländischen Servern abgespeichert werden, wodurch die schwedischen Behörden in der Rückverfolgung massiv eingeschränkt sind.
Weitere Länder die das "nordische System" in Abwandlungen umgesetzt haben, sind:
- Norwegen
- Kanada
- Nordirland
- Island
- Frankreich
- Israel
- Irland
Wie sehen die Erfolgschancen vom nordischen Modell aus?
Die wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags sehen in den verschiedenen Studien zu diesem Thema keine schlüssigen Resultate. Im Allgemeinen gehen jedoch Prostitution, Menschenhandel und die Zuhälterei zurück.
In einer Doktorarbeit zu diesem Thema wird allerdings auch darauf hingewiesen, dass die gesetzliche Lage in diesen Ländern das soziale Ansehen von Sexarbeiterinnen negativ beeinflusst. Zudem sei, so die Dissertation, von einem Anstieg von Gewalt auszugehen.
Wer ist gegen den EU-Vorstoß?
Am meisten empören sich die Sexarbeiterinnen selbst über das nordische System. Auch Menschenrechtsverbände warnen vor einem Prostitutionsverbot. In einem gemeinsamen Schreiben des europäischen Netzwerks der Sexworker-Organisation, Human Right Watch, Amnesty International und zehn weiteren Organisationen forderten man die EU-Parlamentarier dazu auf, dagegen zu stimmen.
Das Hauptargument der Kritiker: Sexarbeit könnte sich in den Untergrund verschieben und somit ein höheres Risiko für Frauen darstellen.
Die Situation in Österreich
In Österreich ist die gewerbsmäßig Prostitution von Erwachsenen nicht mehr strafbar. Der Freier kann sich allerdings strafbar machen, sofern die Sexarbeiterin jünger als 18 Jahre ist. Des Weiteren ist die Zuhälterei verboten. Da es hierzulande ebenfalls strafbar ist, sich aus der Prostitution einer anderen Person eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, können Prostituierte nicht in ein Angestelltenverhältnis treten. Sie gelten als "selbstständig erwerbstätig".
In den einzelnen Bundesländern gibt es zusätzlich einige Sonderregelungen. Am strengsten ist die Gesetzeslage dabei in Vorarlberg. Hier darf Prostitution nur in bewilligten Bordellen stattfinden, wobei bis heute offenbar noch kein einziges bewilligt wurde. Vorarlberger müssen daher entweder in die benachbarte Schweiz oder in ein illegales Bordell ausweichen. Stand 2020 gab es in Österreich rund 8.000 registrierte Prostituierte in Österreich.