Verhandlung vertagt

Geschacher um EU-Jobs geht weiter

Teilen

EU-Staaten können sich in ­Personalfragen nicht einigen. Heute soll es weitergehen. 

Brüssel. Europas Staatenlenker waren sichtlich gezeichnet, als sie nach der nächtlichen Marathonsitzung in Brüssel vor die Presse traten. 18 Stunden lang hatten sie verhandelt, um die EU-Top-Jobs zu vergeben. Am Ende konnten sie nur verkünden, dass es nichts zu verkünden gebe. Die Verhandlungen wurden abgebrochen und auf heute vertagt.
 
Niederlage. Frankreichs Präsident Macron sprach von einer „Niederlage, weil kein Ergebnis gefunden wurde. Die Staaten gäben „ein Bild von Europa ab, das nicht seriös ist“. Weiter ist nicht klar, wer neuer EU-Kommissionspräsident wird und damit Jean-Claude Juncker nachfolgt. Zuletzt galt der Sozialdemokrat Frans Timmermans als Favorit auf diesen Posten. Doch vor allem osteuropäische Staaten haben Vorbehalte gegen den Niederländer.
 
„Kompliziert“. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sprach von „komplizierten“ Beratungen. Sie blieb aber vorsichtig optimistisch: „Gut Ding will Weile haben“, sagt sie. Auch Österreichs Kanzlerin Brigitte Bierlein zeigte sich optimistisch, dass bei den heute um 11 Uhr weiter gehenden Verhandlungen eine Einigung gelingt.
 
Weber abserviert. Als Parlamentspräsident ist der Deutsche Manfred Weber im Gespräch. Er hatte ursprünglich den Posten als EU-Chef beansprucht, konnte sich aber nicht durchsetzen. Vor allem Frankreichs Macron spricht ihm die Eignung für den Posten als mächtigster Politiker Europas ab.
 
Zeit drängt. Die 28 EU-Mitgliedsstaaten müssen sich auf ein Personalpaket einigen, das einen Kompromiss zwischen unterschiedlichen geografischen und partei­politischen Interessen bildet. Die Herkules-Aufgabe zehrt an den Nerven aller Beteiligten. Schon am Mittwoch wollen die EU-Abgeordneten ihren neuen Parlamentspräsidenten wählen.
 

Kern wäre wohl bereits neuer Kommissions-Chef

 
Timmermans’ Probleme mit Osteuropa hätte Christian Kern nicht gehabt.
 
Wien. Es liest sich fast wie ein Treppenwitz der Geschichte, aber in der derzeitigen Konstellation hätte Christian Kern die besten Chancen auf den Job des EU-Kommissionspräsidenten gehabt.
Zur Erinnerung: Der Ex-Kanzler wollte Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten werden. Hätte er sich da gegen Timmermans durchgesetzt, wäre er ein weniger umstrittener Kandidat für die Juncker-Nachfolge gewesen als der Niederländer.
 
Timmermans wird vor allem von den osteuropäischen Staaten abgelehnt, weil der die Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn und Polen zu verantworten hat. Kern stand zwar kritisch zu Ungarns Viktor Orbán, hat sich aber nie so eindeutig positioniert.
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.