Die türkische AKP hat am Montag Außenminister Abdullah Gül zum Kandidaten für die Präsidentenwahl bestimmt. Kritik kommt von der Opposition.
Die erneute Nominierung von Außenminister Abdullah Gül für das Amt des türkischen Staatspräsidenten ist am Dienstag auf Kritik der säkularen Opposition gestoßen. Die religiös-konservative Regierungspartei AKP wolle dem Parlament den bereits einmal durchgefallenen Kandidaten aufzwingen, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei (CHP), Onur Öymen. "Das halten wir für falsch."
Nicht nur Unterstützung für Gül
Güls Kandidatur
sorgte auch unter den Börsenmaklern nicht für Freude. "Abdullah Gül hat
Auswirkungen am Markt", sagte ein Händler auf der Istanbuler Börse. Die
Händler fürchten, dass Güls Antreten das Militär auf den Plan rufen könnte,
das sich als Hüter der Trennung von Religion und Staat versteht.
Gül wollte sich am Dienstag um die Unterstützung der Oppositionsparteien bemühen. Seine erste Kandidatur war Auslöser für eine monatelange Staatskrise und die vorgezogene Parlamentswahl am 22. Juli. Der als religiöse geltende Außenminister war im Mai in der Abgeordnetenkammer mit seiner Bewerbung für die Nachfolge von Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer gescheitert. Am 20. August soll eine neuerliche Wahlrunde stattfinden.
Spätestens im dritten Wahlgang
Die regierende Partei für
Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) von Premier Recep Tayyip Erdogan hat
gute Aussichten, Gül spätestens im dritten Wahlgang durchzubringen, in dem
die einfache Mehrheit der Stimmen reicht. Die AKP verfügt im Parlament
beinahe über die Zwei-Drittel-Mehrheit, die zur Wahl des Präsidenten in den
ersten beiden Wahlrunden erforderlich ist. Im Frühjahr hatten die
Streitkräfte mit einem Eingreifen gedroht, falls Gül gewählt werden sollte.
Sie verstehen sich als Hüter des säkularen Staates.
Der türkische Präsident hat vor allem repräsentative Aufgaben, kann aber gegen Gesetze und Personalentscheidungen der Regierung sein Veto einlegen. Zudem gilt er als Oberkommandierender der Streitkräfte.
Innenpolitische Krise
Der Streit um den Nachfolger von Präsident
Ahmet Necdet Sezer hatte die Türkei im April in eine tiefe innenpolitische
Krise gestürzt. Die einflussreiche säkulare Elite und das Militär hatten
sich gegen eine Wahl Güls gestellt. Der Streit um den religiösen Politiker
veranlasste Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zu vorgezogenen Wahlen im
Juli, die seine islamisch-konservative Partei deutlich für sich entschied.
Die Kandidatur Güls ist aber auch in der AKP umstritten. Einige hochrangige Parteimitglieder wollten sich nach dem Wahlsieg auf Reformen konzentrieren und eine erneute Konfrontation mit den weltlich orientierten Kräften vermeiden. Die größte Oppositionspartei, die Republikanische Volkspartei (CHP), hatte an Erdogan appelliert, einen Kompromisskandidaten ins Feld zu schicken.